Berlin:Absurde Debatte

Ein Staatssekretär der neuen Landesregierung war bei der Stasi. Die Aufregung darum verrät aber vor allem etwas über die CDU.

Von Jens Schneider

Mehr als ein Vierteljahrhundert liegt es zurück, da begann der 18 Jahre alte Berliner Andrej Holm seine militärische Grundausbildung beim Wachregiment der Staatssicherheit der DDR. Als junger Mann hat er sich verpflichtet, bei der Stasi Karriere als Berufsoffizier zu machen. Niemand kann wissen, was gekommen wäre. Denn die DDR brach an sich selbst zusammen. Er genoss fortan die Freiheit, die mit dem Ende der Diktatur verbunden war.

Nun ist er 46, promoviert, Soziologe und soll Staatssekretär im rot-rot-grünen Berliner Senat werden, für die Bausenatorin der Linken. Da fährt neben anderen die Berliner CDU schwere Geschütze auf und zeigt, wie wenig sie gelernt hat aus den vielen Stasi-Debatten seit dem Ende der DDR.

Es muss jede Biografie für sich beurteilt werden. Und es gibt keine Kenntnis über üble Taten Holms, nur eine dürre Akte. Die Vergangenheit des damals sehr jungen Mannes ist kein Ruhmesblatt. Das behauptet er auch nicht, im Gegenteil. Dies ist einfach ein Stück deutscher Geschichte, zu der gehört, dass ein junger Mann wie er diesen Weg einschlagen wollte - und es nach eigenem Bekunden als großes Glück empfand, dass der ihm erspart blieb. Die schrillen Töne der selbst ernannten Stasi-Jäger sagen viel über deren fehlendes Maß und ihren Mangel an Geschichtsbewusstsein aus und wenig über den künftigen Staatssekretär.

© SZ vom 13.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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