Etwa jeder fünfte Deutsche ist im vergangenen Jahr von Armut gefährdet oder von sozialer Ausgrenzung betroffen gewesen. Das sind etwa 16 Millionen Menschen. Zu diesem Ergebnis kommt das Statistische Bundesamt in seiner Erhebung "Leben in Europa 2011", für die in Deutschland rund 13.500 Menschen befragt wurden.
Frauen sind in Deutschland über alle Altergruppen hinweg mit einer Quote von 21,3 Prozent häufiger betroffen als Männer (18,5 Prozent). Und während der Anteil der betroffenen Männer im Vergleich zu 2010 sogar minimal sank, wurde der Anteil bei den Frauen größer (2010: 20,9 Prozent).
Während die unter 18-Jährigen mit einer Quote von 19,9 Prozent dem Bundesdurchschnitt entsprechen, sind ältere Menschen ab 65 Jahren seltener (15,3 Prozent) und Personen zwischen 18 und 64 Jahren häufiger (21,3 Prozent) betroffen.
Besonders betroffen sind Menschen, die maximal einen Hauptschulabschluss haben. Seit drei Jahren steigt das Risiko für sie ständig an. Heute sind 25,8 Prozent armutsgefährdet, wohingegen das nur für 7,7 Prozent der Personen mit Hochschulbildung gilt, mit sinkender Tendenz.
Um zu ermitteln, ob jemand "arm oder sozial ausgegrenzt" ist, prüft die EU, ob in einem befragten Haushalt mindestens eines der drei Kritierien "Armutsgefährdung", "erhebliche materielle Entbehrung" oder "Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung" zutrifft. Ziel ist es damit, auch diejenigen zu erfassen, die zwar dem Einkommen nach nicht als arm gelten, aber das Gefühl haben, im sozialen Abseits zu stehen.
Als armutsgefährdet gilt nach EU-Definition, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens in einem Land hat; in Deutschland sind das für Alleinstehenden weniger als 952 Euro im Monat. Bei einem Haushalt mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern unter 14 Jahren liegt die Schwelle bei 2000 Euro im Monat. Die Armutsgefährdungsquote beträgt in Deutschland 15,8 Prozent, das sind 12,8 Millionen Menschen.
In einem "Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung" leben Menschen dann, wenn die erwachsenen Personen im Haushalt zusammengenommen nicht mehr als ein Fünftel des Jahres arbeiten. Das wäre etwa der Fall, wenn ein allein lebender Erwachsener nur 2,4 Monate (20 Prozent von zwölf möglichen Arbeitsmonaten) beschäftigt ist.
Wer angibt, aus finanziellen Gründen beispielsweise laufende Rechnungen nicht begleichen, nicht mindestens jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit einnehmen, keine notwendigen Anschaffungen tätigen, nicht in den Urlaub fahren oder sich keinen Pkw leisten zu können, leidet der Studie nach unter "erheblicher materieller Entbehrung".
In Deutschland trifft der letzte Indikator auf 5,3 Prozent der Bevölkerung zu. Der Großteil von ihnen ist auch armutsgefährdet, allerdings geben 1,8 Prozent der Befragten an, nicht mit ihrem Einkommen über die Runden zu kommen, obwohl sie ihrem Einkommen nach nicht als armutsgefährdet gelten. Erstaunlich ist, dass andererseits mehr als drei Viertel der als armutsgefährdet geltenden Personen angeben, nicht unter materieller Entbehrung zu leiden.