Belgien und Niederlande:Suizid für Minderjährige

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In den beiden Ländern ist Sterbehilfe weitgehend akzeptiert, einzelne Regelungen aber umstritten.

Von Berit Uhlmann

Seit 2002 gelten in Belgien und den Niederlanden Gesetze, die im Kern dasselbe besagen: Der Arzt darf einen Menschen töten, wenn dieser körperlich oder psychisch unerträglich leidet, nicht auf Besserung hoffen kann und den Sterbewunsch freiwillig und nach reiflichem Überlegen bekundet. Zwischen zwei und vier Prozent der Todesfälle gehen in beiden Ländern auf Sterbehilfe zurück; 2300 waren es 2017 in Belgien, 6600 im Nachbarland. Die meisten Patienten litten an unheilbarem Krebs, schweren neurologischen Erkrankungen oder einer Kombination von Leiden. Weniger als zwei Prozent der Sterbehilfe-Patienten hatten eine seelische Erkrankung.

Wenngleich die Verabreichung todbringender Medikamente weitgehend akzeptiert ist, lösen einzelne Regelungen immer wieder Kontroversen aus. Dazu gehört der freiwillige Tod von Minderjährigen. Die Niederlande erlaubten die Sterbehilfe von Anfang an für Jugendliche von zwölf Jahren an. In Belgien können unter 18-Jährige seit 2014 Hilfe beim Sterben erhalten, sofern sie die Tragweite ihrer Entscheidung verstehen können - und zwar unabhängig von ihrem Alter. Vor einiger Zeit starb so ein neunjähriges Kind durch die Intervention eines Arztes. Insbesondere die Kirchen zeigten sich entsetzt.

Ärzte warnen, dass durch die Ausweitung Wehrlose getötet werden könnten

Unbehagen löst die Sterbehilfe für Demenzpatienten aus. In den Niederlanden können seit 2016 auch diese Patienten durch ärztliche Hilfe aus dem Leben scheiden, wenn sie den Wunsch zu einer Zeit dokumentieren, in der sie noch ihre geistigen Kräfte besitzen. Doch vor welche Schwierigkeiten diese Regelung Mediziner und Angehörige stellt, zeigt sich in einem Fall, in dem derzeit die Staatsanwaltschaft in Den Haag ermittelt. Eine ältere Dame hatte für den Fall um Sterbehilfe gebeten, dass sie einmal an schwerer Demenz leiden sollte. Als die Situation tatsächlich eintrat, machte sie widersprüchliche Angaben zu ihrem Todeswunsch und schien den Begriff Sterbehilfe nicht mehr zu verstehen. Dennoch gab ihr ein Arzt das Gift. Ärzte haben mehrfach davor gewarnt, dass durch die Ausweitung der Sterbehilfe wehrlose Menschen getötet werden könnten.

© SZ vom 24.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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