Bekannter Wahlkämpfer:Harry Walter ist tot

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Harry Walter ist im Alter von 84 gestorben. (Foto: Privat)

"Versteht das auch die Oma mit der Plastiktüte?", lautete seine Standardfrage. Harry Walter führte mehr als 80 Wahlkämpfe, unter anderem in Portugal, Israel und natürlich in Deutschland im Dienste der SPD. Nun ist er im Alter von 84 Jahren gestorben.

Von Hans Leyendecker

Harry Walter beriet 15 Präsidenten und führte mehr als 80 Wahlkämpfe, etwa für Mario Soares in Portugal, Schimon Peres in Israel oder Bruno Kreisky in Österreich. Für Willy Brandt inszenierten er und seine kleine Agentur ARE (Allgemeine Reklame) den ersten Wahlkampf nach US-Vorbild. Er verschrieb der SPD 1969 sattes Orange als Werbefarbe, weil sie frischer und jünger wirkte als das Rot der Kommunisten. "Der Dicke hat recht", lobte ihn dafür Helmut Schmidt.

Der Werbefachmann und Menschenkenner Walter brachte Horst Tappert, Inge Meysel, Peter Frankenfeld oder Hans Joachim Kulenkampff dazu, sich in Anzeigen zur SPD zu bekennen. Nicht plump, sondern mit Hintersinn: "Meine Partei gibt es nicht. Das heißt für mich auch: das kleinste Übel wählen. Und das ist für mich die SPD", verkündete etwa der Showmaster Frankenfeld. Diese Trotzdem-Taktik hätte den SPD-Werbern 2013 auch mal einfallen sollen.

Walter führte seine Wahlkämpfe nach den Regeln der kommerziellen Werbung: Lieber die einfache als die komplizierte Lösung, kein Parteikauderwelsch, klare Sprache, gute Bilder. "Versteht das auch die Oma mit der Plastiktüte?" war seine Standardfrage und an erfolgreichen Slogans hat er mitgebastelt wie: "Wir schaffen das moderne Deutschland". "Es gibt kein Deutschland. Es gibt eine BRD und eine DDR", tobte der damalige SPD-Fraktionschef Herbert Wehner, aber Walter setze sich durch und der Slogan wurde durch die Farben Schwarzrotgold ergänzt, was damals ganz mutig war. Walter ging ran: "Willy wählen", "Willy Brandt muss Kanzler bleiben " oder "Modell Deutschland", sind mit seinem Namen verbunden.

"Vater der politischen Werbung in Deutschland"

Am liebsten hat er mit Brandt zusammengearbeitet, am engsten mit Johannes Rau in Düsseldorf und dessen damaligem Polit-Planer Bodo Hombach. Er konnte stundenlang über die richtige Wahlwerbung und die Probleme der SPD mit zündender Werbung reden. "Wenn Sozialdemokraten die Wahl haben zwischen Machthaben und Rechthaben" sagte er mal, "entscheiden sie sich meist fürs Rechthaben". Als der niedersächsische SPD-Ministerpräsident Alfred Kubel von Wahlkampf nicht viel wissen wollte, kreierte Walter den Slogan: "Ich will von Ihnen keinen Applaus, ich will Ihnen die Wahrheit sagen". Das reichte knapp für Kubel und die SPD.

Der Mann, den sein kreativer christdemokratischer Gegenspieler Peter Radunski mal als "Vater der politischen Werbung in Deutschland" bezeichnete, ist vor einigen Tagen in Kanada im Alter von 84 Jahren gestorben.

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