Begabtenförderung:Unverdiente Talente

Sollen Azubis den Akademikern gleichgestellt werden?

Von Bernd Kramer

Zunächst einmal hat die Idee Charme: Die Festungen akademischer Elitenbildung sollen aufgebrochen werden; nicht nur Jura-Studentinnen und Philosophie-Doktoranden sollen in die erlesenen Zirkel - sondern auch talentierte Kfz-Lehrlinge und die Frisörin, die gerade in der Meisterschule brilliert. Dass es die nicht gerade als Gerechtigkeitspartei bekannte FDP ist, die die 13 Begabtenförderwerke für Azubis öffnen will, macht die Idee nicht uninteressanter.

In der Begabtenförderung reproduziert die Elite sich bislang selbst: Gut zwei Drittel der Stipendiaten stammen aus Akademikerfamilien; unter allen Studierenden ist es die Hälfte. Wer hat, dem wird in diesem System noch gegeben. Bei der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung, die den Vorschlag der Fraktion direkt begrüßte, ist der Anteil der Bildungsaufsteiger mit 27 Prozent sogar besonders gering. Es ist sinnvoll, dass darüber nachgedacht wird, wie man das ändern könnte.

Es ist allerdings ein Irrtum, wenn man glaubt, Begabtenförderung wäre dann gerecht, wenn sie nur unabhängig von der sozialen Herkunft passierte. Der Philosoph John Rawls hat auf die Krux hingewiesen: Sämtliche Talente, seien sie nun akademisch oder berufspraktisch, sind in hohem Maße unverdient. Sie fallen einem zu. Eine Belohnung dafür kann nie gerecht sein.

© SZ vom 06.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: