Barcelona:Eine halbe Million auf den Straßen

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Bürger und Politiker demonstrieren gegen den Terror. Eine Deutsche erliegt ihren Verletzungen durch den IS-Anschlag.

Von Thomas Urban, Madrid

Rund eine halbe Million Menschen, unter ihnen König Felipe VI. und der spanische Premierminister Mariano Rajoy, haben am Samstagabend in Barcelona gegen Terrorismus demonstriert. Zu dem Marsch durch das Zentrum der katalanischen Metropole hatten auch islamische Organisationen aufgerufen. Er war Reaktion auf den Terroranschlag vor zehn Tagen, bei dem ein 22-jähriger Marokkaner mit einem Lieferwagen über die Flaniermeile La Rambla gerast war.

Eine 51-jährige Deutsche, die dort von dem Wagen angefahren worden war, verstarb am Sonntagmorgen auf der Intensivstation eines Krankenhauses. Sie ist somit das 16. Todesopfer der aus marokkanischen Einwanderern bestehenden Islamistenzelle. Insgesamt waren bei dem Anschlag 120 Personen verletzt worden, fünf befanden sich auch am Sonntag noch "in kritischem Zustand". Die katalanische Regionalpolizei hatte bei der Jagd auf die Terroristen sechs von ihnen erschossen, zwei weitere waren umgekommen, als sie beim Bauen von Sprengkörpern offenbar unbeabsichtigt eine Explosion auslösten.

Den Marsch zur Rambla am Samstag führten Polizisten, Feuerwehrleute und Sanitäter an, die unmittelbar nach dem Anschlag zum Einsatzort gekommen waren. Viele der Demonstranten trugen ein Plakat mit den katalanischen Worten "No tinc por" ("Ich habe keine Angst"). Auf anderen Schildern war zu lesen: "Gegen Islamophobie!" Den Anschlag hatte die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für sich reklamiert. Von Sicherheitskräften abgeschirmt folgte in einer zweiten Gruppe des Marsches der König, begleitet von zwei Kindern muslimischer Familien. In derselben Reihe gingen Rajoy mit Mitgliedern der Zentralregierung und der Chef der katalanischen Regionalregierung, Carles Puigdemont. Er will am 1. Oktober die Region über die Abspaltung von Spanien abstimmen lassen.

In der nächsten Abteilung des Marsches setzten sich Aktivisten der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung mit ihren Fahnen und Sprechchören in Szene, sie pfiffen Felipe VI. und Rajoy aus. In der Fernsehübertragung dominierten Bilder, die die Führung aus Madrid vor einer Phalanx von katalanischen Fahnen zeigten, Bilder, die Kommentatoren in spanischen Medien als "unerfreuliche Provokation" werteten. Die spanische Verfassung verbietet die Abspaltung einer Region, das Verfassungsgericht hat daher jegliche Vorbereitungen für das Referendum für illegal erklärt.

Bei der Verfolgung der Terrorzelle hat die "Mossos" (Jungen) genannte katalanische Regionalpolizei die Initiative ergriffen und die Ermittlungen nicht mehr an nationale Sicherheitsbehörden abgegeben. Medien berichteten vom Kompetenzgerangel zwischen insgesamt vier Polizeitruppen: Neben den Mossos fühlte sich die Stadtpolizei von Barcelona zuständig, die der linksalternativen Oberbürgermeisterin Ada Colau untersteht. Doch auch die dem Innenminister in Madrid untergeordnete nationale Polizei und die paramilitärische Guardia Civil, die auch für den Grenzschutz zuständig ist, schickten Beamte.

© SZ vom 28.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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