Balkan:Unerwünschter Import

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Wie sich Bosnien erfolgreich gegen aggressive Einflussnahme wehrt.

Von Peter Münch

Die König-Fahd-Moschee in Sarajevo ist das größte Gotteshaus für Muslime in Bosnien. Der prächtige Bau hebt sich deutlich ab von den schäbigen Hochhäusern ringsum, zwei mächtige Minarette ragen in den Himmel, und unter der riesigen Kuppel finden 4000 Betende Platz. Zum hochheiligen Komplex gehören noch eine Religionsschule, eine islamische Bibliothek und ein Turnsaal. Benannt ist die Moschee nach dem 2005 verstorbenen saudischen König Fahd, bezahlt wurde sie aus Riad, und zur Eröffnung im Jahr 2000 reiste der damalige Prinz und heutige König Salman eigens aus dem wahhabitischen Königreich an.

Diese Moschee im Stadtviertel Dobrinja darf als Symbol und wuchtigstes Zeichen für die Bemühungen der Saudis und anderer Golf-Araber gelten, ihre konservative Spielart des Islam auf den Balkan und damit auf europäischen Boden zu exportieren. Bosnien war den islamischen Fundamentalisten dabei als ideales Einfallstor erschienen: Schon in den Kriegsjahren 1992 bis 1995 wurden den dort bedrängten muslimischen Brüdern Geld, Waffen und auch kämpfende Mudschahedin geschickt. Gleich nach dem Krieg kamen dann die religiösen Aufbauhelfer.

Noch bevor im verwüsteten Land die Häuser wieder errichtet wurden, wuchsen vielerorts schon die mit Petro-Dollars finanzierten Moscheen aus dem Boden. Der Krieg hatte ganz allgemein zu einer Rückbesinnung auf die Religion geführt, und von der König-Fahd-Moschee sowie Hunderten anderen gespendeten Gotteshäusern aus sollte die strenggläubige Lehre der Wahhabiten verbreitet werden.

Die traditionell liberale Richtung des Islam ist in Bosnien bestimmend geblieben

Allein: Der Plan ging nicht auf. Zwar gibt es ein paar salafistische Dörfer im bosnischen Bergland, und in manchen Moscheen wuchert bis heute das wahhabitische Gedankengut. Doch bestimmend geblieben ist die traditionell liberale bosnische Richtung des Islam. Darauf achtet vor allem die "Islamische Gemeinschaft" mit ihrem seit 2012 amtierenden Großmufti Husein Kavazović. Als oberste Autorität führt er die bosnischen Muslime von der im Zentrum Sarajevos gelegenen 600 Jahre alten Kaisermoschee aus. Von hier aus werden die Imame auch für die mit ausländischem Geld errichteten Moscheen ernannt und überwacht, und in einem Lehrbuch warnt die Islamische Gemeinschaft explizit vor den Gefahren des Salafismus. Gepredigt wird ein europäischer Islam.

Heute bauen die Saudis und Golf-Araber vorzugsweise keine Moscheen mehr in Bosnien, sondern Feriendörfer wie das Sarajevo Resort, in dem sich kleine Villen um einen künstlichen See schmiegen. Vor allem die arabische Mittelklasse hat das Balkanland zum beliebten Sommerdomizil erkoren - und angezogen werden sie eher nicht vom Grün des Propheten, sondern von den grünen Wäldern und dem angenehmen Klima.

Für die Moscheen hat sich inzwischen aber ein neuer Sponsor gefunden: die Türkei. In Bosnien, das von 1463 bis 1878 zum Osmanischen Reich gehörte, investiert Präsident Recep Tayyip Erdoğan viel Geld, um seinen politischen Einfluss auf dem Balkan auszubauen. Offene Arme findet er dafür bei der bosnischen Regierungspartei SDA. Und auch in der Kaisermoschee ist die Hilfe aus Ankara willkommen. Mit türkischem Geld wurde sie jüngst renoviert.

© SZ vom 28.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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