Baden-Württemberg:Alternative Sitzunordnung

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Die Spaltung der AfD-Fraktion empört Politiker der anderen Parteien im Landtag. Für sie steht fest, dass es in Wirklichkeit um einen Machtkampf in der Bundes-AfD geht.

Von Josef Kelnberger, Stuttgart

Vor Beginn der Parlamentssitzung in Stuttgart schaute Jörg Meuthen irritiert in die Runde: Wo bin ich und zu wem gehöre ich? Der bisherige Fraktionschef der baden-württembergischen AfD sitzt nicht mehr in der ersten Reihe, sondern in der letzten, umgeben von seinen 13 Getreuen. Vorne darf sich die achtköpfige Rest-AfD breit machen. Ironischerweise reiht sich am Rande des nunmehr fraktionslosen Meuthen-Pulks auch Wolfgang Gedeon ein, der Mann, der mit antisemitischen Passagen in seinen Büchern die Spaltung der Fraktion ausgelöst hat. Er überstand zwar Meuthens Ausschlussantrag, verließ aber nach dem Auszug der Meuthen-Gruppe freiwillig die Fraktion.

Für den Rest des Parlaments spielt die neue Sitzordnung keine Rolle. SPD-Fraktionschef Andreas Stoch meinte alle zusammen, die Fraktionäre und die Fraktionslosen, als er sagte: "Sie sind eine Schande für Deutschland und für Baden-Württemberg." Es war an diesem Mittwochmorgen die härteste Wortmeldung in der Aussprache über das Spaltungsspektakel der AfD.

Schmerzlich für Meuthen ist wohl ein Satz seines Nachfolgers an der Spitze der Parlaments-AfD

Meuthen will, dass seine Gruppe unter dem Namen "Alternative für Baden-Württemberg" als eigene Fraktion anerkannt wird. Können Abgeordnete einer Partei zwei Fraktionen bilden? Parlamentspräsidentin Aras Muhterem lässt das durch unabhängige Gutachter prüfen, die anderen Fraktionen wollen Meuthens Plan mit allen Mitteln vereiteln. Für sie steht fest, dass die Spaltung nicht einem Ringen um Fragen des Antisemitismus geschuldet ist. Vielmehr gehe es allein um einen Kampf um die Macht in der Bundes-AfD: Jörg Meuthen, der sich als Vertreter einer gereinigten AfD präsentieren wolle, gegen Frauke Petry, die dieses Vorhaben aus der Ferne torpediert habe. "Der Landtag ist nicht der Ort für Hahnenkämpfe einiger AfD-Funktionäre", sagte Peter Reinhart, Chef der CDU-Fraktion, der die Aussprache beantragt hatte. Das Projekt AfD sei politisch und moralisch gescheitert. Andreas Schwarz sprach für die Grünen von "Schmierentheater", Hans-Ulrich Rülke (FDP) von einem "unwürdigen Schauspiel".

Schmerzlicher war für Jörg Meuthen wohl der Redebeitrag von Heiner Merz, dem neuen Chef der AfD-Fraktion: "Es wird wieder zusammenfinden, was zusammengehört, zumal inhaltlich kein Dissens besteht." In zwei Wochen sehe die AfD-Welt vielleicht wieder anders aus. Damit widersprach er Meuthens Behauptung, zwischen den beiden Gruppen bestehe ein "fundamentaler inhaltlicher Dissens".

Am Dienstagabend hat der Landesverband laut Meuthen ein Parteiausschlussverfahren gegen Gedeon beantragt, für Ende September soll ein Sonderparteitag einberufen werden. Alle Beteiligten haben angekündigt, man wolle eine Spaltung vermeiden. Umso mehr wird sich die Frage aufdrängen: Wozu eine zweite AfD-Fraktion im Landtag?

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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