Auto:Weiter so

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Die Autohersteller planen ihre Zukunft: und zwar vor allem mit dem Verbrennungsmotor. Dieser Trend lässt sich aus den Patenten erkennen, die die Firmen im vergangenen Jahr angemeldet haben.

Von Thomas Fromm

Wer genauer wissen will, wo Unternehmen in Zukunft hinwollen, sollte sich deren gegenwärtige Patente etwas genauer anschauen. Sie sind ein ganz guter Vorbote für all das, was in den kommenden Jahren passieren wird. Denn wer Patente anmeldet, der forscht und setzt langfristige Schwerpunkte - und investiert dabei sehr viel Geld. Und das macht er nicht einfach so.

In der Autoindustrie ist das besonders interessant, denn eigentlich weiß zurzeit keiner so genau, wo die Reise für die Milliardenbranche eigentlich hingeht. Selbst in den Vorstandsetagen der Konzerne ist man sich nicht so ganz sicher. Benzin- oder Elektromotor, Autos als rollende, vernetzte und autonom fahrende Megacomputer - es gibt viele Zukunftsszenarien. Ob und wann genau sie eintreten, darüber gehen die Meinungen ziemlich weit auseinander.

Die Branche ist verunsichert und will sich auf alle Eventualitäten vorbereiten. Das lässt sich in diesen Tagen an ihren Patentanmeldungen ablesen: Einer neuen Studie zufolge haben die Autokonzerne im vergangenen Jahr weltweit mehr als 8200 Patente für alternative Antriebe angemeldet, also zum Beispiel für Elektromotoren, Hybridfahrzeuge oder Brennstoffzellenautos. Das ist wenig überraschend, denn die Unternehmen müssen sich darauf einstellen, dass solche Antriebe den stinkenden Verbrennungsmotor auf kurz oder lang ganz ablösen werden. Zugleich sind es jedoch fast 800 Patente weniger als noch 2013; die Euphorie hat offensichtlich etwas nachgelassen.

Überraschend ist dagegen etwas anderes: Die Autoindustrie hat im vergangenen Jahr immerhin noch 7733 Patente für ihre alten, klassischen Verbrennungsmotoren angemeldet - und damit so viel wie nie zuvor in der Geschichte dieser Antriebsart. Vor zehn Jahren waren es noch 2000 Patente weniger. Das sind eine Menge Geld und viele Patente also für eine Technologie, die viele Experten schon längst abgeschrieben haben. "Das Ergebnis zeigt, dass der Verbrennungsmotor noch lange nicht so einfach zu ersetzen ist", sagt Jens Koch, Patentanwalt bei der Münchner Kanzlei Grünecker und Autor der Studie.

Die Konzerne forschen und investieren also doppelt - und reagieren mit ihren Neupatenten für Verbrennungsmotoren auf eine äußerst verzwickte Situation: Einerseits werden die Abgasnormen weltweit immer strenger, sodass sie ihre alten Benziner ständig neu auf Sparsamkeit trimmen müssen. Andererseits aber kommt das Geschäft mit Elektroautos nicht in Fahrt: Die meisten Menschen kaufen - Elektromobilität hin oder her - immer noch vor allem Autos mit Verbrennungsmotor. 2014 wurden laut Kraftfahrtbundesamt lediglich 8522 neue E-Autos in Deutschland zugelassen; in den ersten acht Monaten 2015 waren es 6456. Der Trend zeigt zwar in Richtung Elektromobilität, aber noch ist man weit davon entfernt, ein altes Geschäftsmodell durch ein neues zu ersetzen. Der Anteil der E-Autos an den Neuzulassungen lag zuletzt bei gerade mal 0,4 Prozent.

Spitzenreiter unter den deutschen Autokonzernen ist Daimler: Die Stuttgarter haben zwischen 2005 und 2014 laut Studie 807 Patente auf alternative Antriebe angemeldet und 1796 für Verbrenner. Bei der Frankfurter Automesse IAA, die in der nächsten Woche beginnt, wird die Industrie zwar wieder kräftig für ihre E-Modelle trommeln. Doch solange die Preise für diese Autos hoch und deren Reichweiten niedrig sind, werden die Konzerne auch weiterhin kräftig in ihre Benzinmotoren investieren.

© SZ vom 07.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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