Austrittsabkommen:Bundesregierung billigt Brexit-Handelspakt

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Viereinhalb Jahre nach dem Anti-Brexit-Protest dieses jungen Mannes in London steht das Post-Brexit-Abkommen kurz davor, in Kraft zu treten. (Foto: JUSTIN TALLIS/AFP)

Der Vertrag, zunächst bis Ende Februar befristet, kann aus deutscher Sicht in Kraft treten. Zugeständnisse beim Fischereirecht verbucht das Agrarministerium als Erfolg.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Deutschland erhebt keine Einwände gegen das Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien. In einer Telefonschalte verständigte sich das Bundeskabinett am Montagvormittag darauf, das Abkommen über die künftigen Beziehungen zu billigen. Die Minister seien sich eins gewesen in der "positiven Würdigung des Abkommens", erklärte Regierungssprecherin Ulrike Demmer. "Das Ergebnis war nur möglich, weil die EU der 27 ihre Einigkeit als Stärke genutzt hat."

Dem Vertrag müssen alle EU-Staaten zustimmen, ihnen bleibt dafür Zeit bis diesen Dienstag. Einen entsprechenden Ratsbeschluss hatte der Ausschuss der Ständigen Vertreter ebenfalls am Montag vorbereitet. Ihm gehören die Botschafter der verbleibenden 27 EU-Staaten an. Sobald alle Mitgliedstaaten zugestimmt haben, können die EU-Staaten auch formal das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich abschließen, mit Verkündung im EU-Amtsblatt tritt es dann in Kraft - zumindest vorläufig.

Denn nur durch diese "vorläufige Anwendung" kann das Brexit-Vertragswerk schon in Kraft treten, obwohl das EU-Parlament es noch nicht ratifiziert hat. Die Verhandlungen über das Abkommen waren erst an Heiligabend abgeschlossen worden; den EU-Abgeordneten fehlte die Zeit für die Ratifikation. Die vorläufige Anwendung ist nun zunächst bis zum 28. Februar befristet, um Zeit für die Beratungen zu geben. Auf britischer Seite könnte das Parlament am Mittwoch dem Vertrag zustimmen.

Das Abkommen soll vor allem die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU regeln, ihm waren zähe Verhandlungen vorausgegangen. Während viele Wirtschaftsverbände aufatmeten, weil in letzter Minute ein harter Brexit mit hohen Zöllen und Handelsbeschränkungen abgewendet werden konnte, hält der Unmut unter britischen Fischern an.

Britische Fischer fühlen sich betrogen

"Boris Johnson hat uns die Rechte an allen Fischen versprochen, die in unserer exklusiven Wirtschaftszone schwimmen, aber wir haben nur einen Bruchteil davon erhalten", sagte der Chef des nationalen Fischerei-Verbunds, Andrew Locker, dem Radiosender BBC. "Ich bin wütend, enttäuscht und fühle mich betrogen." In einer Übergangszeit von fünfeinhalb Jahren dürfen Schiffe aus der EU noch in britischen Gewässern fischen, allerdings müssen sie den Wert ihrer Fänge schrittweise um 25 Prozent verringern. Danach sollen Fangquoten jährlich neu ausgehandelt werden.

In Deutschland ist für die Fischerei das Landwirtschaftsministerium zuständig. In einer ersten Auswertung des Abkommens hob es am Montag die Vorteile für den Export von Nahrungsmitteln hervor. Hätte es keine Einigung gegeben, wären die Exportverluste doppelt so hoch gewesen. "Dies hätte sich insbesondere auf unsere deutschen Erzeuger, die vor allem Getreide-, Fleisch- und Milchprodukte verarbeiten, negativ ausgewirkt", sagte Agrarministerin Julia Klöckner (CDU).

In der Fischerei drohten Deutschland vor allem bei Hering und Makrele Einnahmeausfälle, allerdings in überschaubarem Rahmen: bei Makrelen zwischen 3,6 Millionen Euro im ersten Jahr und 6,1 Millionen im fünften, beim Hering zwischen 1,2 und 2,2 Millionen Euro.

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