Vor 75 Jahren wurde das Konzentrationslager in Auschwitz befreit. In diesen Stunden findet auf dem Gelände nahe Oświęcim, Polen, eine große Gedenkfeier statt. Zahlreiche ehemalige Häftlinge nehmen teil, hinzu kommen hochrangige Politiker. Darunter sind Israels Präsident Reuven Rivlin, Polens Präsident Andrzej Duda, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sowie Frankreichs Regierungschef Edouard Philippe. In seiner Begrüßungsrede sagte Duda: "Möge die Erinnerung an den Holocaust ewig leben." Nach ihm sprechen mehrere ehemalige Häftlinge des Konzentrationslagers.
Bat-Sheva Dagan, 95, appellierte an die Verantwortung aller Menschen dafür, "dass diese schrecklichen Dinge nie wieder geschehen." Nach ihr sprach die Holocaust-Überlebende Elza Baker, die daran erinnerte, dass auch viele Sinti und Roma dem Holocaust zum Opfer fielen. "In Zeiten wie diesen, in denen sich Minderheiten wieder verwundbar fühlen müssen, kann ich nur hoffen, dass jeder für Demokratie und Menschenrechte kämpfen würde."
Marian Turski, 93, wie seine beiden Vorrednerinnen ehemaliger Häftling des KZ Auschwitz-Birkenau, richtete seine Rede an seine Tochter und Enkeltochter, stellvertretend für die jüngeren Generationen. "Auschwitz ist nicht vom Himmel gefallen", sagte Turski. Der Holocaust habe sich vielmehr durch systematische Diskriminierungen lange abgezeichnet. Die Lehre daraus: Die Menschen dürften solchen Diskriminierungen gegenüber niemals gleichgültig sein. Zum Schluss sprach der ehemalige KZ-Häftling Stanisław Zalewski. Er sagte: "Die Asche der Menschen ist vom Wind der Geschichte verstreut worden. Aber ihre unsterblichen Seelen sind noch hier und sichtbar für uns."
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier war mit drei Holocaust-Überlebenden von Berlin aus in die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau gereist. Dort schrieb er in das Gästebuch: "Auschwitz ist ein Ort des Grauens und ein Ort deutscher Schuld. Es waren Deutsche, die andere Menschen herabgewürdigt, gefoltert und gemordet haben. Wir wissen, was geschehen ist, und müssen wissen, dass es wieder geschehen kann." Weiter schrieb der Bundespräsident: "Wer den Weg in die Barbarei von Auschwitz kennt, der muss den Anfängen wehren."
Nachdem die Spannungen zwischen den beiden Ländern zuletzt zugenommen hatten, sendete Israels Präsident Rivlin kurz vor Beginn der Gedenkfeier ein versöhnliches Signal an seinen polnischen Amtskollegen Duda. Dieser hatte nicht an der Holocaust-Gedenkfeier vergangenen Donnerstag in Yad Vashem teilgenommen - aus Protest dagegen, dass die Organisatoren ihm kein Rederecht einräumen wollten. Rivlin lud Duda nach Israel ein. "Wir möchten der polnischen Nation heute die Hand geben und bitten, dass wir erneut auf den Weg zurückkehren, den wir gemeinsam gehen können."