Ausbleibende Zahlungen:Drei Monate Aufschub

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In Zeiten der staatlichen Ausgehbeschränkungen ist die eigene Wohnung wichtiger denn je: Mehrfamilienhaus in Dortmund. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Mieter, die wegen der Corona-Krise in Geldnot geraten, sollen vorerst vor Kündigungen geschützt werden. Auch Vermieter könnten Unterstützung bekommen.

Von Constanze von Bullion

Das Dach über dem Kopf ist in der Corona-Krise für viele Menschen eine Zuflucht geworden, die sie jetzt erst so richtig zu schätzen lernen. Wo Ladeninhaber in Serie ihre Geschäfte schließen müssen, wo Büroarbeit ins Home-Office verlegt wird, wo Kinder zu betreuen sind und nicht selten auch ältere Angehörige, da wird die Wohnung zum Schlüssel der beruflichen und privaten Existenz. Damit das so bleiben kann, auch wenn Einkünfte ausbleiben, hat die Bundesregierung im Rahmen ihres Corona-Maßnahmepakets auch Mieterinnen und Mietern ein Sicherheitsnetz aufgespannt, das vor wenigen Tagen noch undenkbar gewesen wäre.

Am Montag hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, der Mietern und Gewerbetreibenden, die wegen der Pandemie Mietzahlungen schuldig bleiben, in den kommenden drei Monaten Aufschub gewährt. Bisher sieht das Mietrecht vor, dass Mieter vor die Tür gesetzt werden können, wenn sie zwei Monatsmieten schuldig bleiben. In den nächsten drei Monaten, also bis Ende Juni, sollen solche Kündigungen nach dem Entwurf der Bundesregierung nun untersagt werden - vorausgesetzt, die Mieter können nachweisen, dass die Ursache ihrer Geldnot auf die Coronakrise zurückgeht. Aber auch Vermietern, die wegen fehlender Einkünfte aus ihren vermieteten Eigentumswohnungen in finanzielle Schwierigkeiten kommen, soll geholfen werden, etwa durch einen mindestens dreimonatigen Zahlungsaufschub bei Darlehensverträgen.

"Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruht", heißt es im Gesetzentwurf der Bundesregierung. Der Zusammenhang zwischen der Infektionskrankheit und den Zahlungsschwierigkeiten sei "glaubhaft" zu machen. Wie diese Glaubhaftmachung aussehen soll, war zunächst umstritten zwischen dem SPD-geführten Justizministerium und der Union.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) drängte zunächst vor allem auf schnelle Hilfe für Mieter. Man wolle den Zusammenbruch privater Existenzen und die Insolvenz Gewerbetreibender so früh wie möglich aufhalten und einen Dominoeffekt verhindern. Lambrecht schlug eine Schonfrist für säumige Mieter von sechs Monaten vor. Auf Druck der Union verständigte man sich dann allerdings auf die Hälfte, drei Monate. Ein Sprecher des Justizministeriums betonte allerdings am Montag, eine Verlängerung der Regelung bis September oder sogar Jahresende sei denkbar und im Gesetz als Möglichkeit vorgesehen.

Unionspolitiker befürchteten aber auch, vom 1. April an könnten zahlreiche Mieter einfach die Mietzahlungen einstellen und pauschal auf Ausgangssperren und die Coronakrise verweisen, obwohl ihre Zahlungsschwierigkeiten damit ursprünglich gar nichts zu tun hätten. "Das wäre verheerend als Signal gewesen", sagte Jan-Marco Luczak (CDU), rechtspolitischer Sprecher der Union im Bundestag.

Im Gesetzentwurf heißt es dazu nun, Mieter müssten belegen, dass die Pandemie für die ausbleibenden Mietzahlungen verantwortlich sei. Dazu könnten sie eine eidesstattliche Versicherung abgeben oder sich "sonst geeigneter Mittel bedienen". Gemeint sind Bescheinigungen über den Bezug von Sozialleistungen oder eine Bestätigung des Arbeitgebers, der den Grund des Verdienstausfalls erklärt.

Eigentümerverbände wie Haus und Grund warnten schon vor Tagen davor, das wachsende Risiko von Mietausfällen auf Vermieter abzuwälzen - und riefen nach der helfende Hand des Staates. "Das Wohngeld - ob als Miet- oder als Lastenzuschuss - unterstützt bedürftige Personen und Haushalte in diesen schwierigen Zeiten gezielt und unmittelbar. Mieter und Eigentümer sollten sich jetzt informieren", empfahl Verbandspräsident Kai Warnecke. Zugleich ließ der Verband wissen, dass bei mängelfreien Immobilien "eine Mietminderung oder ein Aussetzen der Miete nicht in Betracht" komme.

Auch der CDU-Politiker Luczak sieht zuerst den Staat in der Pflicht, die Krisenfolgen abzumildern. "Privaten Kleinvermietern, die eine oder zwei Wohnungen besitzen und ihre Altersvorsorge darauf aufgebaut haben, fehlen bei ausbleibenden Zahlungen nicht nur Einkünfte. Sie müssen gleichzeitig auch Kredite bedienen und für laufende Kosten wie Strom, Wasser oder Grundsteuer aufkommen", sagte er.

Ein Sprecher des Justizministeriums betonte hingegen stärker die Pflichten der Vermieter. Eigentumswohnungen seien kein "Wirtschaftsobjekt wie jedes andere".

Ginge es nach der Union, würde in den Gesetzentwurf noch geschrieben, dass Mieter sich um staatliche Leistungen bemühen müssten, bevor ihnen ein Aufschub bei der Miete gewährt wird. Rechtspolitiker Luczak wünscht sich zudem eine Härtefallklausel für Vermieter. Demnach würde eine Kündigung säumiger Mieter möglich, wenn die Mietschulden Vermieter in Existenznot bringen. Die SPD lehnt das ab.

© SZ vom 24.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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