Aufstand gegen Assad:Rotes Kreuz rettet erstmals Verletzte aus Homs

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Seit Wochen liegt die syrische Rebellenhochburg Homs unter Beschuss durch Anhänger des Assad-Regimes - jetzt haben Helfer des Roten Kreuzes endlich Zugang bekommen. Sie konnten Frauen und Kinder aus dem umkämpften Stadtteil Baba Amro bringen. Unterdessen sind bei Kämpfen allein am Samstag Dutzende Menschen ums Leben gekommen.

Trotz aller internationalen Proteste geht das Blutvergießen in Syrien weiter: Syrische Regierungstruppen beschossen am Samstag erneut die seit vier Wochen belagerte Homs und andere Hochburgen der Protestbewegung gegen Präsident Baschar Assad. Dabei wurden landesweit nach Angaben von Aktivisten mehr als 75 Menschen getötet.

Das Rote Kreuz hat mitgeteilt, es habe sieben Verletzte sowie 20 Frauen und Kinder aus der seit Wochen umkämpften syrischen Stadt Homs evakuiert. (Foto: dpa)

Das Internationale Komitee von Roten Kreuz (IKRK) teilte mit, es habe sieben Verwundete zusammen mit 20 Frauen und Kindern aus der seit vier Wochen umkämpften syrischen Stadt Homs herausgeholt. Hicham Hassan vom Roten Kreuz sagte dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira, der Konvoi von Ambulanzfahrzeugen des Syrischen Roten Halbmonds und des Roten Kreuzes sei am Freitagnachmittag in den Stadtteil Baba Amro gefahren und habe die Menschen mitgenommen. Zu diesem Zeitpunkt habe jedoch keine Kampfpause geherrscht.

Die Lage in Homs werde immer schlimmer und es werde mehr Hilfe für die Verletzten benötigt. Die Evakuierung sei ein erster Schritt gewesen. "Wir wollen alle verletzten Personen in Sicherheit bringen", sagte Hassan. Mit den Regierungstruppen und der Opposition liefen Verhandlungen, weitere hilfsbedürftige Menschen aus Baba Amr evakuieren zu dürfen.

Die beiden verletzten ausländischen Journalisten seien jedoch nicht unter den Evakuierten gewesen, sagte der IKRK-Sprecher. Die französische Journalistin Edith Bouvier und der britische Fotograf Paul Conroy hatten Verletzungen am Bein erlitten.

Carla Haddad Mardini vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) sagte dem US-Nachrichtensender CNN, dass ihre Organisation die syrischen Behörden um eine täglich zweistündige Kampfpause bitten möchte. In dieser Zeit könnten Mitarbeiter in alle betroffenen Gebiete, darunter Homs, gehen, um dringend benötigte Hilfe zu übergeben, sagte die IKRK-Sprecherin telefonisch aus Genf.

Das Viertel Baba Amro lag in den vergangenen Tagen laut Berichten von Augenzeugen unter schwerem Beschuss durch syrische Regierungstruppen. Seit rund einer Woche hatte das Rote Kreuz die syrischen Behörden und die bewaffnete Opposition immer wieder aufgefordert, eine Feuerpause zur Versorgung der Verletzten und Notleidenden zu ermöglichen.

Nach dem ersten Treffen der neuen Syrien-Kontaktgruppe äußerten sich mehrere Oppositionelle enttäuscht. Auch die tunesischen Gastgeber der Konferenz der "Freunde Syriens" wurden kritisiert, weil sie sich strikt gegen jede Art von Militärintervention und gegen die Bewaffnung der Deserteure aussprachen. "Wer solche Freunde hat, der braucht keine Feinde", schrieb ein Aktivist in einem Internet-Forum der Opposition.

Die Konferenzteilnehmer sprachen sich bei ihrem Treffen in der tunesischen Hauptstadt Tunis zwar für ein sofortiges Ende der Gewalt in Syrien aus. Wie dies gegen den Willen des Regimes von Präsident Baschar al-Assad durchgesetzt werden soll, blieb jedoch offen. Hinter den Kulissen hieß es, man rechne damit, dass sich demnächst noch mehr Funktionäre und Militärs vom Regime abwenden.

Die Kontaktgruppe der Freunde Syriens drohte mit weiteren Sanktionen, falls das Assad-Regime die Gewalt gegen das eigene Volk nicht sofort beende. Von einer Militärintervention in Syrien wollten die Teilnehmer jedoch nichts wissen. Sie schlossen sich zusammen, nachdem die Vetomächte Russland und China im UN-Sicherheitsrat mehrfach Zwangsmaßnahmen gegen Syrien verhindert hatten.

Ungeachtet immer lauterer Rufe aus der Opposition lehnt US-Präsident Barack Obama eine Bewaffnung der Rebellen weiter ab. "Eine weitere Militarisierung in Syrien ist zu diesem Zeitpunkt nicht klug", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, in Washington. Obama erklärte bei einem Treffen mit der dänischen Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt im Weißen Haus weiter, die internationale Gemeinschaft suche nach jedem verfügbaren Mittel, um die Metzelei von Unschuldigen in Syrien zu verhindern. Es sei an der Zeit, dass das Töten von syrischen Bürgern durch die eigene Regierung beendet werde.

Die Hoffnung, dass sich politisch etwas bewegt, ruht auch auf dem früheren UN-Generalsekretär Kofi Annan als neuem Syrien-Sonderbeauftragten von UN und Arabischer Liga. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) sprach von einer "klugen Wahl". Der frühere UN-Generalsekretär besitze "eine Autorität, an der auch Länder wie Russland und China nicht vorbeigehen werden".

Am Dienstag will sich der UN-Menschenrechtsrat in Genf in einer Dringlichkeitssitzung mit der Lage in Syrien befassen. Seit Beginn der Proteste im März 2011 wurden nach Schätzungen von Menschenrechtsgruppen bereits mehr als 7000 Menschen getötet.

© Süddeutsche.de/dpa/infu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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