Aufstand gegen Assad:Erste UN-Beobachter in Syrien eingetroffen

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Nur einen Tag nach dem Abschluss einer Resolution der Vereinten Nationen sind die ersten UN-Beobachter in Syriens Hauptstadt Damaskus eingetroffen. Sie sollen den Rückzug der Regierungstruppen und die immer noch brüchige Waffenruhe überwachen. Unterdessen hat sich die Reederei des deutschen Frachters "Atlantic Cruiser" geäußert, der angeblich Waffen für Syrien an Bord hatte.

Nach dem Beschluss des UN-Sicherheitsrats über die Entsendung einer Beobachtermission sind bereits am späten Sonntagabend die ersten sechs Beobachter der Vereinten Nationen in Damaskus angekommen. Wie ein Mitglied des Teams der Nachrichtenagentur dpa erklärte, will das Vorauskommando seine Arbeit so bald wie möglich aufnehmen.

Das Vorausteam werde von dem marokkanischen Oberst Ahmed Himmiche geleitet, sagte der Sprecher des UN-Sondergesandten Kofi Annan, Ahmad Fawzi. Weitere 25 Beobachter würden in den kommenden Tagen in Syrien erwartet. Das Team "wird ein Hauptquartier aufbauen und Kontakte zur syrischen Regierung und den Oppositionskräften knüpfen", kündigte Fawzi an.

Bereits am Montag sollen Gespräche mit der syrischen Regierung beginnen. Ein Sprecher des Sondergesandten Kofi Annan sagte in Genf, das Sechserteam werde nach Konsultationen mit der syrischen Regierung in die Zentren der Auseinandersetzungen gehen.

Eine Vertraute von Präsident Baschar al-Assad erklärte vor dem Eintreffen der UN-Mitarbeiter, die Regierung behalte sich vor, Blauhelme abzulehnen, die aus Katar, Saudi-Arabien, der Türkei und Frankreich kämen. Diese Länder hätten stark Partei für die Rebellen ergriffen, die die Assad-Regierung stürzen wollen.

Die Aufgabe der Blauhelme wird es sein, den Truppenabzug aus den Städten und die bisher noch sehr brüchige Waffenruhe zu überwachen. Waffenstillstand und Truppenabzug gehören zum Sechs-Punkte-Plan Annans, der von Damaskus und der Opposition akzeptiert wurde.

Der UN-Sicherheitsrat hatte am Samstag in New York beschlossen, umgehend ein Team nach Damaskus zu schicken. Es war die erste UN-Resolution zu Syrien seit Beginn der Proteste gegen das Assad-Regime vor 13 Monaten. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte, die Beobachtermission werde später insgesamt etwa 250 Mitglieder haben.

Annan besorgt über Beschuss von Homs

Der UN-Sondergesandte Kofi Annan zeigte sich unterdessen ernsthaft besorgt über den neuerlichen Beschuss der Stadt Homs durch die syrischen Regierungstruppen. "Die ganze Welt blickt mit skeptischen Augen" auf Syrien, um zu sehen, ob die Waffenruhe halte, sagte Annan nach einem Treffen mit dem belgischen Ministerpräsidenten Elio Di Rupo am Sonntag in Brüssel. "Ich forderte noch einmal aufs Schärfste, dass der Gewalt Einhalt geboten werden muss."

Die syrischen Soldaten feuerten zuvor erneut Granaten auf Stadtteile von Homs ab, die von der Opposition kontrolliert werden. Mindestens sieben Menschen wurden getötet, wie die Örtlichen Koordinationskomitees erklärten.

Etwa sechs Raketen pro Minute seien am Sonntagmorgen im Viertel Chaldije eingeschlagen, erklärten die Aktivisten. Auch weitere Viertel, in denen sich viele Aufständische aufhalten, wurden Aktivisten zufolge beschossen. In einem am Sonntag von Aktivisten im Internet veröffentlichten Amateurvideo war die in Rauch gehüllte Silhouette von Chaldije zu sehen, während Explosionen und Schüsse zu hören waren.

Bereits am Samstag hatten Regierungstruppen nach Aktivistenangaben Wohnviertel in Homs beschossen und fünf Menschen getötet, darunter auch einen 26-jährigen Fotografen und Vater zweier Kinder, der die Zerstörung dokumentierte. Staatliche Medien berichteten unterdessen, Rebellen hätten fünf Granaten abgefeuert.

Die Bundesregierung will derweil ihre Bemühungen um die Aufklärung einer möglichen Waffenlieferung an Syrien an Bord des deutschen Frachters Atlantic Cruiser verstärken. Die Waffen stammten vermutlich aus Iran und sollten mit mehreren Schiffen nach Dschibuti gebracht worden sein. Aktivisten machten die Waffenlieferung publik; wenig später soll das Schiff, das ursprünglich Kurs auf den syrischen Hafen Tartus genommen hatte, abgedreht haben. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums sagte auf Anfrage, die Bundesregierung gehe allen Hinweisen auf Verstöße gegen das Waffenembargo nach.

Der deutschen Reederei des vor Syrien gestoppten Frachters liegen nach eignen Angaben keine Hinweise auf eine Waffenlieferung für das Krisenland vor. Man habe "nach der Beschreibung der Ladung in den Dokumenten sowie dem Erscheinungsbild der Ladung keine Hinweise darauf, dass es sich, wie in der Presse behauptet, um Waffen, Munition oder schweres militärisches Gerät handeln könnte", teilte die Emder Redderei Bockstiegel am Montag auf ihrer Internetseite mit.

Laut Unterlagen handele es sich bei der für Syrien bestimmten Ladung um Teile eines Thermalkraftwerks, die von einem indischen Kraftwerkshersteller für Syrien bestimmt sind. Das Schiff sei an eine ukrainische Firma verchartert, mit der eine bereits längere Geschäftsbeziehung ohne jede Unregelmäßigkeit bestehe.

© dapd/dpa/Reuters/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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