Aufruhr in Syrien:Assad lässt auf Demonstranten schießen

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Tausende Syrer gehen auf die Straße, um gegen das Regime von Präsident Assad zu demonstrieren. Der reagiert erneut mit aller Härte - und lässt auf die Demonstranten schießen. Es ist die Rede von bis zu sechs Toten.

Tausende Syrer sind am Freitag nach dem Mittagsgebet auf die Straße gegangen, um Demokratie und einen Regimewechsel zu fordern. Das Assad-Regime reagierte mit aller Härte und ließ auf die Aufständischen schießen. Nach Angaben eines Menschenrechtlers sind bislang mindestens sechs Menschen bei den Protesten getötet worden.

Am Donnerstag hatte das syrische Militär begonnen, sich aus der Protesthochburg Deraa im Süden des Landes zurückzuziehen. Mittlerweile blockieren Regierungspanzer die Zugänge zu Vororten von Damaskus sowie zu weiteren Städten. (Foto: dpa)

In der westlichen Stadt Homs schossen die Sicherheitskräfte mit Maschinengewehren in Richtung der Demonstranten, berichtete ein Augenzeuge im Kurzmitteilungsdienst Twitter. Die Demonstranten riefen: "Die Menschen wollen den Sturz des Regimes!" Tausende Menschen demonstrierten auch in der nordwestlichen Provinz Idlib und in der Stadt Baniyas. Aus Dschabla am Mittelmeer, wo Frauen demonstrierten, wurden ebenfalls Schüsse gemeldet.

In der Hauptstadt Damaskus sperrten die Sicherheitskräfte die Innenstadt ab, um ein Übergreifen der Kundgebungen aus den Vorstädten zu verhindern. Auch in Baniyas, Homs und Rastan blockierten Panzer die Zugänge zum Stadtzentrum, berichteten Aktivisten und arabische Fernsehsender.

Das Regime hatte die Bevölkerung bereits im Vorfeld davor gewarnt, an Demonstrationen teilzunehmen.

Straßensperren und gekappte Telefonleitungen

Bereits in der Nacht zum Donnerstag habe das Militär in Sakba, einem Vorort von Damaskus, Straßensperren errichtet und alle Telefonleitungen gekappt, berichtete die im US-Exil operierende Syrische Reformpartei. Als die Menschen zum Morgengebet in die Moschee geströmt seien, hätten Soldaten und Geheimdienstmitarbeiter Hunderte von ihnen festgenommen - darunter religiöse Würdenträger. Auch in anderen Städten des Landes sei es zu zahlreichen Festnahmen gekommen.

Gleichzeitig hatte die syrische Armee am Donnerstag mit dem Rückzug aus der Protesthochburg Deraa im Süden des Landes begonnen. Offenbar wurden die abgezogenen Truppen teilweise in andere Städte abkommandiert. "Die Einheiten haben ihre Mission erfüllt, in deren Verlauf sie zahlreiche Terroristen verhafteten, die vor Gericht gestellt werden", hieß es in einer offiziellen Meldung.

Das Militär war am 25. April mit Tausenden Soldaten und Panzern in der Stadt eingerückt, um dortige Proteste zu unterdrücken. Hunderte Einwohner sollen festgenommen worden sein.

Das massive Vorgehen der Sicherheitskräfte hat die syrischen Demonstranten indes nicht eingeschüchtert, sondern im Gegenteil in ihrem Willem zum politischen Umbruch im Land bestärkt. Am "Freitag des Trotzes" wolle das Volk "die Regierung stürzen", heißt es auf einer Webseite mit dem Titel "Syrian Revolution 2011", die von jungen Regierungsgegnern eingerichtet wurde. Und weiter: "Wir lehnen Ungerechtigkeit, Unterdrückung, Belagerung und Freiheitsberaubung ab."

Seit fast zwei Monaten verlangen in Syrien Hunderttausende Bürger politische Reformen, Demokratie und nicht zuletzt auch einen Regimewechsel. Vor allem nach den traditionellen Freitagsgebeten war es in den vergangenen Wochen zu Massenprotesten gekommen, die die Regierung teils blutig niederschlagen ließ.

Assads Sicherheitskräfte sollen nach Angaben von Menschenrechtsgruppen bislang etwa 600 Menschen getötet haben, die meisten von ihnen in Deraa. Zudem seien mindestens 8000 Menschen festgenommen worden oder verschwunden.

Massenproteste auch im Jemen

Auch im Jemen kam es an diesem Freitag wieder zu Protesten: Hunderttausende forderten erneut den Rücktritt von Präsident Abli Abdullah Salih. Die Demonstranten versammelten sich auf einer Straße am westlichen Rand der Hauptstadt Sanaa und ließen Tausende rote, schwarze und weiße Luftballons steigen, auf denen "Geh weg, Ali" geschrieben stand.

Die Protestaktion an diesem Freitag stand unter dem Motto "Tag der Dankbarkeit an den Süden" und sollte die Teilnehmer eines Aufstands gegen Salih im Süden des Landes im Jahr 2007 ehren. Gleichzeitig versammelten sich vor dem Präsidentenpalast in Sanaa Zehntausende Anhänger Salehs.

Die Proteste gegen den seit 32 Jahren regierenden Präsidenten dauern schon seit fast drei Monaten an. Saleh hat einen Rücktritt abgelehnt. Er wies auch Vermittlungsbemühungen der Golfstaaten zurück. Danach hätte er im Gegenzug für einen Rücktritt Immunität vor Strafverfolgung erhalten.

© dpa/AFP/jobr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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