Debatte um Kernkraft:Sperrfeuer vom Vizekanzler

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In der Koalition droht Krach: Westerwelle warnt in einem Interview vor einer zu raschen Festlegungen in der Laufzeitfrage - und geht damit auf Distanz zu Merkels neuem Atomkurs.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle hält eine Verkürzung der Laufzeiten für deutsche Atomkraftwerke nicht für beschlossene Sache. "Ich wäre mit konkreten Schlussfolgerungen vorsichtig", sagte er in einem Interview mit dem Spiegel. Aus Sicht von Westerwelle zieht das Atom-Moratorium der Bundesregierung nicht unbedingt kürzere Laufzeiten der Atomkraftwerke nach sich.

FDP-Chef Westerwelle hat offenbar eine andere Meinung zu den Laufzeiten der Atomkraftwerke als Kanzlerin Merkel. (Foto: dpa)

Kritik am neuen Atomkurs der Kanzlerin kommt demnach auch von Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle. Er soll die Reaktion der Deutschen auf die Nuklearkatastrophe als "hysterisch" bezeichnet haben. Angela Merkel und Umweltminister Norbert Röttgen (beide CDU) hatten zuvor erklärt, der Ausstieg aus der Atomenergie sollte nach der Atomkatastrophe in Japan möglichst beschleunigt werden. Die Bundesregierung hat mit ihrem Moratorium die erst vergangenes Jahr beschlossene Verlängerung der AKW-Laufzeiten für drei Monate ausgesetzt.

SPD-Chef Sigmar Gabriel hat Merkel derweil angeboten, gemeinsam nach einem überparteilichen Energiekonsens für Deutschland zu suchen. "Die Gespräche können sofort beginnen", sagte Gabriel der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (Samstagsausgabe).

Am Samstagmorgen hatte der Energiekonzern RWE bekanntgegeben, dass das hessische AKW Biblis A vollständig heruntergefahren sei. Der Betreiber sei damit einer Anordnung des hessischen Umweltministeriums gefolgt. Mit Biblis A ist der letzte der insgesamt sieben deutschen Atommeiler, die vor 1980 in Betrieb gegangen waren, vom Netz.

In Hannover und Göttingen forderten knapp 3000 Menschen bei Demonstrationen, alle Meiler in Deutschland abzuschalten. In Hannover versammelten sich am Vormittag rund 2500 Atomkraftgegner auf dem Opernplatz, um von dort durch die Innenstadt zu ziehen. In Göttingen kamen nach Angaben der Polizei etwa 300 Demonstranten und sieben Traktoren zu einem friedlichen Protestzug zusammen. Am Montag sind außerdem Mahnwachen rund um das Atomzwischenlager Gorleben in Lüchow, Dannenberg und Gartow geplant. Auch in Bremen und Bremerhaven soll es Protestaktionen geben.

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