Asylpolitik:Zwei Flüchtlingskanzler

Einen Verbündeten hat Merkel in der EU. Einen.

Von Cerstin Gammelin

Sicher, es waren weder neue noch überraschende Botschaften, die der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann am Donnerstag in Berlin zu verkünden hatte. Die Europäer sollten enger zusammenrücken, Terror und Flüchtlingskrise nicht vermischen, einander unterstützen, um ihre Außengrenzen zu sichern, und sich bitte beeilen. Es sind die Worte, mit denen seine Amtskollegin Angela Merkel seit Monaten ihre Flüchtlingspolitik erklärt.

Aber gerade wegen der wortgleichen Erklärungen ist der Auftritt des Österreichers so bedeutsam. Merkel kann ihren Kritikern zeigen, dass sie wichtige Verbündete hat. Der Zuspruch aus Österreich ist besonders hilfreich in der Auseinandersetzung mit der CSU in Bayern, wo führende Politiker ein Symbol der Stärke fordern, nämlich endlich die Grenze nach Österreich dichtzumachen, und die Busse, welche die Flüchtlinge an die Grenze fahren, wieder zurückzuschicken.

Der Kanzler aus Wien hat klargemacht, dass er eine Politik der Grenzschließung nicht mittragen wird. Weil er sie für falsch hält, und für gefährlich. Menschen, die 2000 Kilometer gelaufen sind, um ein besseres Leben zu finden, machen an einem Zaun nicht halt. Nach dem Schulterschluss von Berlin stehen beide Regierungschefs vor der eigentlichen Aufgabe. Sie müssen die anderen 26 europäischen Staats- und Regierungschefs davon überzeugen, diese Politik umzusetzen.

© SZ vom 20.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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