Asylpolitik:Zusätzliche Milliarden für Flüchtlinge

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(Foto: SZ-Grafik)

Die Bundesregierung muss mehr für die Versorgung und Unterbringung von Asylsuchenden aufwenden als erwartet.

Von Cerstin Gammelin und Roland Preuss, Berlin

Die Versorgung und Unterbringung von Asylsuchenden in Deutschland werden teurer als von der Bundesregierung ursprünglich kalkuliert. An diesem Mittwoch will das Bundeskabinett in Berlin beschließen, den Bundesländern zusätzlich rund 2,6 Milliarden Euro für das laufende Jahr und rund 1,2 Milliarden Euro zusätzlichen Vorschuss für 2017 zu überweisen. Damit entlaste der Bund die Länder "umfassend bei ihren Aufwendungen für Asylsuchende und Asylbewerber", schreibt das Bundesfinanzministerium zur Begründung. Die flüchtlingsbezogenen Überweisungen an die Bundesländer steigen damit allein im laufenden Jahr auf 9,5 Milliarden Euro. Zusammen mit weiteren Ausgaben, etwa für die Sicherung der europäischen Außengrenzen oder zusätzliche Entwicklungshilfe, summieren sich die flüchtlingsbezogenen Zahlungen des Bundes im Jahr 2016 auf fast 21 Milliarden Euro.

Anlass für die zusätzliche Milliardenüberweisung ist die inzwischen erfolgte genaue Abrechnung der tatsächlichen Kosten, die die Bundesländer wegen der Asylbewerber haben. Bund und Länder hatten sich im September des vergangenen Jahres auf eine vorläufige Kostenpauschale von 670 Euro pro Asylbewerber und Monat geeinigt. Der Bund hatte daraufhin drei Milliarden Euro als Abschlag an die Länder überwiesen.

Inzwischen sind die Kosten erstmals personengenau abgerechnet worden. Im Abrechnungszeitraum von Januar bis August 2016 wurden 920 219 Asylbewerber berücksichtigt, heißt es in der Beschlussvorlage für das Kabinett. Weil die Asylverfahren länger gedauert hätten als zunächst geplant, seien den Ländern auch höhere Kosten entstanden, und zwar insgesamt 3,6 Milliarden Euro.

Die Länge der Asylverfahren war von den Ländern immer wieder kritisiert worden. Für die Verfahren selbst ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zuständig, das dem Bundesinnenministerium unterstellt ist. Die Nürnberger Behörde war angesichts von fast 900 000 Asylsuchenden vergangenes Jahr völlig überlastet, viele Bewerber wartete mehr als ein Jahr nach ihrem Asylantrag noch immer auf eine Entscheidung. Dies bedeutet nicht nur Unsicherheit für die Menschen, sondern auch Kosten für Länder und Kommunen, die in dieser Zeit für Unterkunft und Versorgung zumindest vorerst aufkommen. Im zweiten Quartal 2016 mussten Asylbewerber im Schnitt 7,3 Monate auf eine Entscheidung warten, hinzu kommen oft mehrere Monate, bis sie überhaupt einen Antrag stellen können. Mittlerweile sollen neue Verfahren laut Bamf nur noch 1,5 Monate dauern. Allerdings liegen bei der Behörde, Stand Ende September, immer noch fast 580 000 Anträge, über die nicht entschieden ist.

Die Bundesregierung sieht indes keinen Anlass, die Kostenpauschale für die Länder zu verändern. Sie wird für die verbleibenden Monate des Jahres sowie für 2017 unverändert bei 670 Euro pro Asylbewerber und Verfahrensmonat liegen.

Zusätzlich zu den Kosten während der Asylverfahren überweist der Bund den Ländern eine Integrationspauschale. Sie ist bis einschließlich 2018 auf zwei Milliarden Euro jährlich festgesetzt. Weiterhin übernimmt der Bund die Kosten für die Unterkunft anerkannter Asylbewerber, er zahlt mehr Geld für den sozialen Wohnungsbau und einen Sonderzuschuss wegen der großen Zahl unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge, die intensiver Betreuung bedürfen. Insgesamt rechnet die Regierung damit, dass sie den Ländern bis 2020 wegen des Flüchtlingszustroms mehr als 25 Milliarden Euro überweisen wird.

© SZ vom 02.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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