Asylpolitik:Einigkeit bei Schwarz und Rot

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Die Innenminister der Länder wollen Straftäter schneller abschieben. Der Sachse Markus Ulbig spricht von einer "nationalen Kraftanstrengung".

In der Diskussion über die Abschiebung ausreisepflichtiger Asylbewerber fordern Länderregierungen und Innenpolitiker ein härteres Durchgreifen der Bundesregierung. Dies müsse insbesondere für Kriminelle gelten, hieß es. Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sagte der Bild-Zeitung: "Bei Asylbegehrenden, die Straftaten begangen haben, ist der Bund gefragt: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge muss in solchen Fällen unverzüglich prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, wonach der Schutzanspruch verwirkt wird. Dies muss sehr konsequent und zügig erfolgen, damit die Betroffenen Deutschland schnellstmöglich wieder verlassen." Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) sagte der Zeitung: "Bund und Länder müssen noch besser zusammenarbeiten. Ziel muss sein, gerade diese Abschiebungen zu beschleunigen." Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) forderte, alle Möglichkeiten zur Abschiebung zu nutzen. "Nachsicht ist da nicht angebracht."

Der CSU-Innenexperte Stephan Mayer kritisierte, es gebe zu wenig Haftplätze, um Abschiebungen im Zweifelsfall auch durchsetzen zu können. "Wir müssen von derzeit 400 auf mindestens 1200 Haftplätze insgesamt kommen. Ansonsten werden wir die rund 230 000 Ausreisepflichtigen in Deutschland nie abschieben können." Der scheidende CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach warnte vor einem schwindenden Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat. Im Interview der Passauer Neuen Presse plädierte er für "zentrale Rückreisezentren". Allerdings würde mit grüner Regierungsbeteiligung die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber in Zukunft noch schwieriger, sagte er mit Blick auf die laufenden Jamaika-Gespräche.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz und Innenminister von Sachsen, Markus Ulbig (CDU), sagte der Bild-Zeitung, die "konsequente Rückführung abgelehnter Asylbewerber" brauche eine "nationale Kraftanstrengung". Nur so könne das "Gelingen sowie die Akzeptanz unserer Asylpolitik bei den Bürgerinnen und Bürgern" garantiert werden. "Die Rückführungen sind notwendig, um unser Asylsystem funktionsfähig zu halten", so Ulbig, "deshalb müssen wir die Anstrengungen bei der Abschiebung in ganz Deutschland weiter intensivieren." Das betreffe die Länder "im Vollzug", aber auch den Bund, "der die rechtlichen und diplomatischen Rahmenbedingungen mit den Herkunftsländern dafür verbessern muss".

Aus Sicht von Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) muss nicht die Quantität, sondern die Qualität der Abschiebungen erhöht werden. "Den gut Integrierten müssen Bleibeperspektiven aufgezeigt und stattdessen Gefährder und Kriminelle deutlich konsequenter abgeschoben werden." Unterdessen zeigt eine Überprüfung der Bild-Zeitung große Unterschiede in der Abschiebepraxis der einzelnen Bundesländer. Demnach schoben - in der Relation - das Saarland und Thüringen 2017 mit 65,5 Prozent und 52,3 Prozent die meisten unmittelbar Ausreisepflichtigen ab (Zählung bis 31. August). Am wenigstens konsequent agierten Bremen (9,9), Hessen (16,9), Sachsen (19,1) und Nordrhein-Westfalen (19,5).

© SZ vom 20.10.2017 / kna - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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