Anschlag in Nizza:Der Mann im Lkw - das ist über den Täter bekannt

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Das Fahrrad, mit dem der Täter zu dem Lkw-Parkplatz fuhr, fand die Polizei auf der Ladefläche des Lkw. (Foto: dpa)

Mohamed Lahouaiej Bouhlel, 31 Jahre alt, wurde in Tunesien geboren, wohnte in Nizza - das wissen die Ermittler nun. Doch seine Motivation bleibt vorerst ein Rätsel.

Was man zu diesem Zeitpunkt über den Fahrer des Lkw weiß, mit dem er der am Donnerstagabend in Nizza mehr als achtzig Menschen getötet hat, gibt keine Anhaltspunkte über seine Motivation für die Tat. Die Staatsanwaltschaft hat inzwischen bekanntgegeben, dass es sich um den 31-jährigen Tunesier Mohamed Lahouaiej Bouhlel handelt. Fingerabdrücke hätten seine Identität bestätigt, sagte Staatsanwalt François Molins am späten Freitagnachmittag. Bouhlel wurde 1985 in Tunesien geboren und lebte in Nizza. Im Tatfahrzeug hat die Polizei ein Handy und eine Bankkarte sowie diverse Dokumente gefunden, die jetzt ausgewertet werden.

Bouhlel war der Polizei wegen Diebstählen und häuslicher Gewalt bekannt. Im März war er in Nizza wegen eines Gewaltdelikts zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Die französischen Nachrichtendienste dagegen hatten den Mann nicht im Visier, er war in der Vergangenheit nie als radikal eingestuft worden und stand nie unter Beobachtung. Er arbeitete als Fahrer und Auslieferer.

Den weißen Lkw hatte er vor zwei Tagen in Saint-Laurent-du-Var angemietet, einem Ort in der Nähe von Nizza. Überwachungskameras haben den Lkw im Westen von Nizza gefilmt, wo er parkte, und Bouhlel, wie er auf einem Fahrrad in Richtung des Boulevard des Anglais fuhr. Das Fahrrad fand die Polizei nach der Tat auf der Ladefläche des Lkw.

Am Donnerstagabend gegen 23 Uhr fuhr Bouhlel mit dem Lastwagen in die Menschenmenge auf der beliebten Promenade des Anglais in Nizza. Das Feuerwerk zum 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag, war gerade zu Ende gegangen. Auf einer Strecke von etwa zwei Kilometern überfuhr der Mann jeden, der ihm in den Weg kam. Anschließend schoss er mehrfach auf die Polizisten, die ihn stoppen wollten, bevor er selbst durch Schüsse getötet wurde.

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In der Fahrerkabine fand die Polizei eine automatische Pistole mit Kaliber 7,65 sowie drei Waffenattrappen - einer automatischen Pistole und zweier Sturmgewehre - und eine nicht funktionsfähige Granate. Zudem stellte sie eine Mobiltelefon und mehrere Dokumente sicher. Darunter sind auch ein digitaler Fahrtenschreiber und eine Bankkarte, beide auf Bouhlels Namen ausgestellt.

Zu der Frage, ob der Mann Komplizen hatte, haben sich die Ermittler noch nicht geäußert, ebenso ist noch völlig offen, ob Bouhlel Verbindungen zur islamistischen Szene hatte. Am Freitagmorgen durchsuchte die Polizei Bouhlels Wohnung im Norden von Nizza. Nach Aussage von Nachbarn, die die Nachrichtenagentur AP zitiert, ist Bouhlel dort allerdings schon vor drei Jahren ausgezogen. Dort wohne nur seine Frau, die von ihm getrennt lebe. Die Frau, mit der er verheiratet war oder ist - die Angaben dazu variieren - wurde vorläufig festgenommen. Laut France Info ist der Mann Vater von drei Kindern gewesen.

Nachbarn des Mannes, die von der Nachrichtenagentur AFP befragt wurden, beschrieben ihn als "zurückgezogen" und "schweigsam". Er habe nicht den Eindruck gemacht, besonders religiös gewesen zu sein.

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