Aktuelles Lexikon:Warnschuss

Für deutsche Polizisten ist er das vorletzte Mittel, um große Gefahr abzuwenden. Warum er in Hongkong fiel, ist noch unklar.

Von Jan Bielicki

Ein Warnschuss soll niemanden treffen, verletzen oder gar töten. Trotzdem ist so ein Schuss, gezielt abgegeben ins Nichts, eine gefährliche Eskalationsstufe. Denn wovor ein Warnschuss warnt, ist der nächste Schuss, und der kann dann tödlich sein. Schon im 18. Jahrhundert wurde ein Schuss vor den Bug auf See gern genutzt, um andere Schiffe zu zwingen, Flagge zu zeigen und beizudrehen. Heute gilt der Warnschuss vor allem als vorletztes Mittel staatlicher Ordnungsmacht - und ist hierzulande streng geregelt. Deutschen Polizisten ist der Gebrauch der Schusswaffe laut Landespolizeigesetzen und dem "Gesetz über den unmittelbaren Zwang bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes" nur erlaubt, um Gefahr für Leib und Leben abzuwenden, eine Straftat oder die Flucht eines Täters zu verhindern - das aber nur, wenn andere Zwangsmaßnahmen offensichtlich keinen Erfolg versprechen. Der Waffengebrauch soll vorher angedroht werden, und als solche Androhung gilt eben der Warnschuss. Bei Protesten in Hongkong hat nun ein Polizist, der sich nach Polizeiangaben umzingelt fühlte, einen Warnschuss abgefeuert. So etwas könnte auch in Deutschland vorkommen und kommt auch vor: 2018 haben Polizisten 49 Warnschüsse abgegeben - und 56 Mal tatsächlich auf Personen geschossen.

© SZ vom 27.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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