Aktuelles Lexikon:Ironie

Wieder zeigt sich, dass gedruckte Ironie gern schiefgeht.

Von Katharina Riehl

Von welchem Alter an Kinder Ironie verstehen, also einschätzen können, wann jemand genau das Gegenteil von dem meint, was er sagt, dazu finden sich in der Wissenschaft unterschiedliche Aussagen. Wahrscheinlich verstehen sie es ab dem Schuleintritt, vielleicht auch schon früher, und so richtig aber womöglich sogar erst mit 13. Ganz unabhängig vom Alter allerdings funktioniert Ironie (wörtlich: geheuchelte Unwissenheit, Verstellung) nur selten, wenn sie geschrieben und nicht gesprochen wird. Deshalb haben Glossen in Zeitungen bestimmte Plätze, sodass der Leser in Ermangelung sogenannter Ironiesignale im Gesicht oder in der Stimme erahnen kann, dass der Autor nicht alles so meint, wie er schreibt. Dass gedruckte Ironie oft schiefgeht, musste am vergangenen Wochenende das Nachrichtenmagazin Der Spiegel erfahren, das einen schwarz-rot-goldenen Wutbürger-Hut auf seine Titelseite druckte und mit der Zeile "So isser, der Ossi" eine Geschichte über "Klischee und Wirklichkeit" in Ostdeutschland ankündigte. Im ohnehin leicht zu empörenden Netzwerk Twitter war man schnell außer Rand und Band, der von einigen Nutzern zaghaft vorgebrachte Verweis auf die Ironie des Titels zog nur noch größeren Ärger nach sich. Denn am Ende ist eben auch ein ironischer Schlapphut nur ein Schlapphut.

© SZ vom 26.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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