Aktuelles Lexikon:Gießkanne

Weder zum Geldverteilen noch zum Gartengießen erfunden.

Von Catherine Hoffmann

Wer kennt sie nicht? Die hässliche grüne Kunststoffgießkanne, mit der Hobbygärtner ihre Blumen bewässern. Abgesehen davon, dass sie nicht besonders hübsch aussieht, ist sie auch noch unhandlich: Beim Tragen schwappt Wasser über, und beim Gießen fällt das Brausemundstück ab. Die Verwendung als Gartengerät wurde der Gießkanne allerdings erst in jüngerer Zeit zugedacht. Als im 16. Jahrhundert das Wort "hochsprachlich ständig an boden gewinnt", wie es in Grimms Wörterbuch heißt, ist die "Gieszkanne" noch ein Tafelgerät aus Silber oder Zinn, das am Ende einer Mahlzeit herumgereicht wird, damit sich die Damen ihre Hände waschen können. Bald fand der Begriff dieses vielseitigen Wasserbehälters, der sich selbstredend aus "gießen" und "Kanne" zusammensetzt, auch im Politbetrieb Verwendung - als Metapher für unkontrolliertes Geldverteilen. Kindergeld, Agrarsubventionen, Entwicklungshilfe - überall geht der warme Regen aus der Gießkanne nieder. Gegen entsprechende Kritik musste Bundesarbeitsminister Hubertus Heil nun bei Maybrit Illner sein Konzept für eine Grundrente verteidigen: Eine Lebensleistung zu honorieren, ohne die Bedürftigkeit zu prüfen, "das ist mitnichten Gießkanne". Stimmt. Wer so viel Geld verteilen will, der nimmt besser einen Gartenschlauch.

© SZ vom 09.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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