Aktuelles Lexikon:Cacerolazo

Wenn das Fass überläuft, schlagen Lateinamerikaner auf Töpfe.

Von Christoph Gurk

Jeden Abend, seit nunmehr einer Woche, schlagen die Menschen in Kolumbien auf Töpfe und Pfannen. Sie wollen so gegen ihre Regierung demonstrieren. Allerdings finden solche "Cacerolazos" derzeit auch in vielen anderen Ländern Südamerikas statt. Sie haben dort eine lange Tradition. Der Name leitet sich her von cacerola, spanisch für Topf. Vermutlich waren es chilenische Hausfrauen, die Anfang der Siebzigerjahre in Südamerika erstmals auf ihr leeres Kochgeschirr schlugen. Sie wollten damit gegen die Lebensmittelknappheit unter der Regierung Salvador Allendes demonstrieren. In den folgenden Jahrzehnten haben sich Cacerolazos dann über den gesamten Kontinent verbreitet. Sie werden von allen gesellschaftlichen Gruppen genutzt, oft auch lediglich vom heimischen Balkon aus. So kann man staatliche Repression umgehen. Besondere Berühmtheit erlangten die Cacerolazos 2001 in Argentinien. Auf dem Höhepunkt der damaligen Wirtschaftskrise musste Präsident Fernando de la Rúa im Helikopter flüchten, während Hunderttausende aufgebrachte Menschen vor dem Regierungssitz auf Töpfe und Pfannen trommelten. In der Gemeinde Jáchal in der argentinischen Provinz San Juan gibt es sogar ein Denkmal für die Cacerolazos. Unter einem Topf auf einem Sockel steht: "Volksvertreter, der Topf ist wachsam."

© SZ vom 28.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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