Aktuelles Lexikon:Amtsanmaßung

Der Hauptmann von Köpenick hat dieses Delikt meisterhaft beherrscht.

Von Joachim Käppner

Wenn der Polizist nicht dein Freund und Helfer, sondern dein Feind und Täuscher ist, weil er nämlich gar kein echter Polizist ist, kann es für die Opfer teuer werden. Das Landeskriminalamt Niedersachsen warnt daher vor allem ältere Menschen vor falschen Polizeibeamten. Solche haben 2018 allein in Niedersachsen Erspartes in Höhe von 4,7 Millionen Euro ergaunert. Juristisch nennt man dieses Vergehen Amtsanmaßung. Einer solchen macht sich nach Paragraf 132 des Strafgesetzbuches schuldig, wer "unbefugt" etwa eine "Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf". Das in Deutschland berühmteste Delikt dieser Art beging 1906 der vorbestrafte Dieb Wilhelm Voigt. Er hatte sich in Einzelteilen die Uniform eines Hauptmanns des preußischen 1. Garde-Regiments zu Fuß beschafft und setzte auf die Macht des Gehorsams. Als falscher Offizier befahl er einem Trupp Gardesoldaten, das Rathaus von Köpenick bei Berlin zu besetzen; dort ließ er die Stadtkasse beschlagnahmen und unterschrieb eine Quittung über gut 4000 Mark. Als "Hauptmann von Köpenick" ging er in die Geschichte ein. Auf derlei Amtsanmaßung stehen heute bis zu zwei Jahre Haft. Bei Voigt waren es damals vier, aber er hatte Glück. Der Kaiser, von der Geschichte höchst amüsiert, begnadigte ihn nach kurzer Zeit.

© SZ vom 15.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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