Aktionskunst:Pietätloses Spektakel

Kunst auf Kosten von NS-Opfern provoziert die Falschen.

Von Kia Vahland

Wieder einmal erliegt das Zentrum für politische Schönheit (ZPS), eine Gruppe von Aktionskünstlern, der Versuchung des grellen Spektakels. Das ZPS behauptete, Asche und Knochenreste von Holocaust-Opfern aus dem Umfeld der Konzentrationslager nach Berlin verschleppt zu haben, für ein "Denkmal gegen den Verrat an der Demokratie" vor dem Reichstag. Auch wenn das Ganze womöglich ein Fake ist: Es bleibt ein pietätloser Übergriff. Niemand sollte sich der Asche und Knochenstücke von jüdischen Opfern bemächtigen oder auch nur so tun, als ob.

Bedauerlich ist dieses Spektakel, das die Gefühle von Juden verletzen muss, auch deshalb, weil das ZPS damit von seinem eigentlichen Anliegen ablenkt: der Mahnung, dass es Konservative waren, die im März 1933 mit dem Ermächtigungsgesetz Adolf Hitler halfen, die Gewaltenteilung zu beenden. Über die besondere Verantwortung der Konservativen für die Abgrenzung nach rechts außen wäre heute tatsächlich wieder zu sprechen - so aber wird daraus keine Debatte.

Die Künstler wollen provozieren, mit allen Mitteln, und es gelingt ihnen immer wieder. Nun sind auch Empathie- und Einfallslosigkeit sowie Sensationsgier und Rechthaberei von der Kunstfreiheit gedeckt. Klug aber ist diese Aktion deswegen noch lange nicht.

© SZ vom 04.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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