Afrika:Flecktarn im Kopf

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Ehemalige Rebellenführer sind in der Regel unfähig, einen Staat dauerhaft in der Demokratie zu halten. Gerade gibt es vom Kongo bis nach Gambia wieder mehrere Beispiele für den Missbrauch der Macht. Wer das Milizwesen gelernt hat, wird den fairen Machtausgleich nicht mehr lernen.

Von Tobias Zick

Aus Afrika lautet eine der erfreulichen Nachrichten der letzten Wochen: Ghana hat einen neuen Präsidenten gewählt, und der Wahlverlierer akzeptiert Volkes Wille, ohne dass ein Schuss fällt. Eine Ausnahme, die dennoch nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass der Kontinent seine Probleme hat mit friedlichen, demokratischen Machtwechseln.

Letztes Beispiel für den Regelfall ist Kongo, wo die letzte verfassungsmäßige Amtszeit von Präsident Joseph Kabila gerade geendet ist. Aber statt Neuwahlen zuzulassen, lässt Kabila Demonstranten niederschießen. Siehe auch Gambia, wo der Diktator Yahya Jammeh seine Wahlniederlage erst eingeräumt hat und plötzlich doch nichts mehr davon wissen will. Kabila und Jammeh haben mächtige Gleichgesinnten: Auch einstige Lichtgestalten wie Paul Kagame in Ruanda und Yoweri Museveni, von Bill Clinton als "neue Generation" afrikanischer Staatschefs gefeiert, klammern sich an die Macht und lassen Oppositionelle aus dem Weg räumen. Zu dieser neuen Generation wurde sogar Isaias Afewerki gezählt, der Präsident von Eritrea. Heute exportiert das Land junge Männer, die vor Repression und Militärzwang fliehen.

Anderswo sind die Hoffnungen nicht schleichend abgestorben, sondern jäh zusammengebrochen. Im Südsudan etwa, wo sich der Präsident und sein früherer Vize nach der gemeinsam erkämpften Unabhängigkeit überworfen haben und die Öl-Einnahmen ihres Landes verwenden, um Waffen zu importieren und Zivilisten zu massakrieren. Oder in Äthiopien, wo Hunderte bei Protesten gegen das autoritäre Regime gestorben und Zehntausende verhaftet worden sind.

Ehemalige Rebellenchefs sind untaugliche Staatenführer

Eine Gemeinsamkeit drängt sich auf: All diese Regierungen sind aus Rebellenbewegungen hervorgegangen. Mit ehemaligen Anführern bewaffneter Gruppen, das zeigen all die Beispiele, ist auf Dauer kein ziviler Staat zu machen. Ein erfolgreicher Rebellenführer glänzt durch Sieg, nicht durch Machtausgleich - und eine solche Sozialisierung lässt sich nicht über Nacht abstreifen wie eine Tarnfleck-Uniform im Tausch gegen Anzug und Krawatte.

Selbst in Südafrika regiert Präsident Jacob Zuma, ehemaliger Geheimdienstchef der Untergrundbewegung African National Congress (ANC), mit militärischem Geist: die Reihen schließen, Gegner ausschalten. Gesetze und rechtsstaatliche Institutionen werden, sobald sie sich als lästig erweisen, überrollt oder schlicht ignoriert. Als Triumph verbuchte der Kämpfer Zuma kürzlich seinen Tiefschlag gegen die Justiz: den Austritt Südafrikas aus dem Internationalen Strafgerichtshof. Regierende Kriegsherren, egal was sie verbrechen, egal wie korrupt sie sind, sollen wieder ruhiger schlafen können.

Es gibt eine Gegenbewegung; es gibt Persönlichkeiten in afrikanischen Regierungen, die dafür streiten, Institutionen wie den Strafgerichtshof besser zu machen, statt sie abzuschaffen. Senegals Justizminister Sidiki Kaba gehört dazu, ebenso die botswanische Außenministerin Pelonomi Venson-Moitoi. Sie haben nicht vergessen, wie der frühere südafrikanische Präsident Nelson Mandela seine glühende Unterstützung für das Weltstrafgericht begründete: Viele der Gräuel, die Menschen anderen Menschen in Afrika zufügten, so Mandela, hätten verhindert werden können, wenn es schon früher einen "funktionierenden internationalen Strafgerichtshof" gegeben hätte.

Starke Institutionen anstelle von starken Männern: Die Anhänger dieser Sichtweise sind in der Afrikanischen Union zur Minderheit geschrumpft. Die Menschen auf dem Kontinent, die oft Willkür und Gewalt ausgeliefert sind, verdienen es, dass solche Politiker mehr Einfluss gewinnen. Deshalb verdienen es solche Politiker, vom Rest der Welt unterstützt zu werden.

© SZ vom 22.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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