Afghanistan:Verhandeln und bomben

Lesezeit: 2 min

Während die Taliban in Katar Friedensgespräche mit den USA führen, sterben Dutzende Menschen bei einem blutigen Anschlag in Afghanistan.

Von Tobias Matern, München

Der Stützpunkt des afghanischen Geheimdienstes in Wardak ist am Montag Ziel eines Taliban-Angriffs geworden. (Foto: AP)

Kriege enden nicht auf dem Schlachtfeld, sondern an Verhandlungstischen. In Afghanistan werden die Verhandlungstische zumindest vorbereitet, um den seit dem Jahr 2001 tobenden Konflikt beizulegen. Es wird sondiert zwischen Amerikanern und Taliban, Kenner des Prozesses in Kabul warnen aber auch, dass das jederzeit wieder zum Erliegen kommen kann. Und die Gewalt hat bisher noch nicht nachgelassen, wie Anschläge wie der vom Montag zeigen, als die Taliban einen Außenposten des Geheimdiensts attackierten und Dutzende Menschen töteten.

Seit Juli vergangenen Jahres unterhalten Vertreter der US-Regierung direkten Kontakt zum politischen Büro der Taliban, das sich im Wüstenemirat Katar befindet. Auch am Montag, als sich die massive Taliban-Attacke gegen den Geheimdienst ereignete, kam es dort wieder zu Gesprächen zwischen amerikanischen Diplomaten und Vertretern der Islamisten. Es geht dabei nach wie vor um einen Rahmen für Friedensverhandlungen zwischen Kriegspartei eins, der Regierung in Kabul, und Kriegspartei zwei, den Taliban.

Das Problem: Kriegspartei eins sitzt noch gar nicht mit am Tisch bei diesen Treffen. Die Taliban wollen nicht mit der Regierung von Präsident Ashraf Ghani reden, und sie haben genug Macht, dass sich die Amerikaner bisher auf die rein bilateralen Kontakte einlassen. "Es stimmt, dass die USA dort der zentrale Spieler sind, aber die afghanische Regierung hat das abschließende Wort, wenn es um die Bedingungen oder mögliche Übereinkommen mit den Taliban geht", bestätigte ein hochrangiger Vertreter der afghanischen Regierung der Süddeutschen Zeitung am Dienstag, dass Kabul nach wie vor keinen Platz am Tisch zugeteilt bekommen hat. Aber die Regierung in Kabul habe genug Vertrauen in Washington und sei sicher, dass die USA die afghanischen Interessen dort ausreichend einbrächten.

Die Taliban haben bereits eine Reihe von Bedingungen für Friedensgespräche deutlich gemacht: Ihre Maximalforderung etwa, ein Abzug aller ausländischen Truppen aus Afghanistan, ist für die marginalisierte Kabuler Führung nicht annehmbar, schließlich verlöre sie damit ihre Schutzmacht. Der US-Auslandssender Voice of America (VOA) berichtete unter Verweis auf diplomatische Quellen, Taliban und US-Vertreter seien sich in der Frage eines ausländischen Truppenabzugs aus Afghanistan bereits näher gekommen. Denkbar sei demnach auch, dass die Islamisten bald einen zeitlich befristeten Waffenstillstand ausrufen könnten - als Geste des guten Willens.

Doch bislang ist davon in Afghanistan noch nichts zu spüren, die Taliban schwören keineswegs der Gewalt ab - wie ein Anschlag auf einen Außenposten des afghanischen Geheimdienstes in der Provinz Wardak belegt. Am Dienstag machten Sicherheitskräfte, Provinzpolitiker und Behördenvertretern weit auseinandergehende Angaben zu den Opferzahlen. Von 40, 65, oder gar 127 Toten war die Rede. Die Taliban, nur so viel war sicher, reklamierten die Tat für sich. Bei der Explosion stürzte das Dach eines Gebäudes auf dem Gelände in Teilen ein. Dabei seien die meisten Menschen getötet worden, sagte ein Provinzratsvertreter. Die Angreifer hatten demnach Uniformen von afghanischen Spezialkräften getragen.

Schon vor dem Gespräch in Katar hatte Zalmay Khalilzad, der US-Sondergesandte für Afghanistan, Pakistan besucht. Die Friedensbemühungen liefen in "die richtige Richtung", teilte er nach seinen Gesprächen mit. Islamabad gilt als Schlüssel für einen Frieden in Afghanistan, unterhalten Teile des Sicherheitsapparats nach fester Überzeugung westlicher Geheimdienste doch nach wie vor Kontakte zu den Taliban. Eigentlich hätte das Treffen der US-Diplomaten mit den Taliban nach VOA-Angaben auch in Islamabad stattfinden sollen. Doch die Islamisten weigerten sich demnach, nach Pakistan zu reisen. Letztlich kam der Kontakt dann in Katar zustande.

© SZ vom 23.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: