Afghanistan:Petraeus tritt Kommando an

Lesezeit: 1 min

"Wir befinden uns in einem harten Kampf:" US-General David Petraeus hat mit mahnenden Worten den Oberbefehl über die 150.000 ausländischen Soldaten in Afghanistan übernommen.

Kabul - US-General David Petraeus hat mit mahnenden Worten den Oberbefehl über die 150000 ausländischen Soldaten in Afghanistan übernommen. "Wir befinden uns in einem harten Kampf. Nach Jahren des Kriegs haben wir einen entscheidenden Moment erreicht", sagte Petraeus am Sonntag. Der neue Oberkommandierende der Nato-Truppen forderte für den Kampf gegen die Taliban eine gemeinsame Kraftanstrengung aller Seiten. "Zivilisten und Soldaten, Afghanen und Ausländer - wir gehören zur selben Mannschaft, die ein einziges Ziel hat", sagte Petraeus. "Es muss uns gelingen, unsere Kräfte zu bündeln und ein gemeinsames Ziel zu erreichen."

Zugleich sprach der Vier-Sterne-General von einer "schwierigen Mission". Die Gefechte würden vermutlich noch gefährlicher werden, bevor sich die Lage am Hindukusch deutlich verbessere. Petraeus war am Freitagabend (Ortszeit) in der afghanischen Hauptstadt gelandet und dann mit einem Helikopter ins Hauptquartier der Nato-Truppe Isaf geflogen.

Petraeus folgt als Oberkommandierender in Afghanistan auf seinen Landsmann, General Stanley McChrystal, der wegen abfälliger Äußerungen über die US-Regierung entlassen worden war. Petraeus war zuletzt Chef des US-Zentralkommandos, dem die Einsätze der Armee im Nahen Osten und in Zentralasien obliegen. Von 2007 bis 2008 war er Kommandeur des US-Einsatzes im Irak.

Vertreter westlicher Geheimdienste beurteilen die Lage am Hindukusch als "immer düsterer". Afghanistan treibe "dem Kollaps entgegen, wenn nicht eine schnelle Wende kommt", ließen amerikanische und auch deutsche Geheimdienstexperten in Kabul wissen. Nicht nur die zunehmenden starken Angriffe der Taliban, sondern besonders die weiter um sich greifende "zügellose Korruption" und die jetzt bekannt gewordene Transferierung von westlichen Hilfsgeldern durch afghanische Regierungsangehörige und hohe Beamte ins Ausland, habe in Washington das "Fass zum Überlaufen gebracht", berichtete ein CIA-Angehöriger. Die US-Regierung möchte jetzt Präsident Hamid Karsai "am liebsten so schnell wie möglich fallen lassen", erklärte der CIA-Mann.

Regierungssoldaten und internationale Truppen töteten am Wochenende in Afghanistan nach Behördenangaben mindestens 80 Kämpfer der radikal-islamischen Taliban. Wie das Innenministerium in Kabul am Sonntag mitteilte, starben allein in der südlichen Provinz Helmand 63 Aufständische bei einer Militäroperation. Bei dem Einsatz, der am Freitag begonnen hatte, seien zudem mehr als 16 Tonnen Rauschgift beschlagnahmt worden. Ebenfalls in Helmand kamen ein Taliban-Kommandeur sowie mehrere Gefolgsleute bei einem US-Luftschlag ums Leben. 16 weitere Extremisten seien bei Luftangriffen in der Provinz Wardak getötet worden.

© SZ vom 05.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: