Afghanistan:Ghani will 5000  Kämpfer freilassen

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Militante der Taliban in Afghanistans Nangarhar-Provinz. (Foto: Parwiz Parwiz/Reuters)

Durch Zugeständnisse will Afghanistans Präsident Gespräche mit den Taliban ermöglichen.

Von Tobias Matern, München

Der afghanische Präsident Aschraf Ghani will in zwei Stufen 5000 Taliban-Kämpfer freilassen. Die Regierung habe damit alle "notwendigen Schritte für den Friedensprozess gemacht", wie Ghanis Sprecher Sediq Sediqqi am Mittwoch der SZ sagte. Ghani rückt damit von seiner bisherigen Linie ab, dass eine Freilassung von Taliban-Gefangenen erst Teil der Verhandlungsmasse in Gesprächen mit den Islamisten werden solle.

Ende Februar hatten die USA und die Taliban ein bilaterales Abkommen unterzeichnet, in dem sich der Westen auf einen Abzug aus Afghanistan bis Ende April 2021 unter Bedingungen festlegt. Im Gegenzug sagten die Taliban zu, dass Afghanistan nicht wieder zum Rückzugsgebiet für Terroristen werden soll. Der Vereinbarung zufolge sollten innerhalb von zehn Tagen innerafghanische Gespräche zwischen der Regierung Ghani und den Taliban beginnen. Doch das Datum ist verstrichen, bislang haben die Islamisten nicht der Gewalt abgeschworen und weiterhin Regierungstruppen angegriffen. Auch am Mittwoch gab es noch keine offiziellen Angaben, wann die Verhandlungen beginnen sollen. Falls sie nicht zustande kämen, "werden die Taliban dafür verantwortlich sein", sagte Präsidentensprecher Sediqqi.

Neben dem stockenden Friedensprozess ist das politische Kabul noch mit einer politischen Krise beschäftigt: Am Montag hatten sich Ghani und sein Rivale Abdullah Abdullah in separaten Zeremonien beide zum Staatschef vereidigen lassen. Ghani hatte laut dem erst jüngst veröffentlichtem offiziellen Ergebnis bei der Präsidentenwahl im September eine knappe absolute Mehrheit geholt. Abdullah, der in der Regierung Ghani bisher als sogenannter Regierungsgeschäftsführer tätig war, akzeptiert das Ergebnis nicht, weil seiner Ansicht nach mindestens 300 000 Stimmen nicht gewertete werden dürfen.

Ghani setzte am Mittwoch Abdullah als Regierungsgeschäftsführer ab. Dessen Büro existiere nicht mehr in der Struktur der afghanischen Regierung, teilte sein Sprecher mit. Auf die Frage, ob dennoch die Möglichkeit bestehe, dass Abdullah erneut Mitglied in einer Regierung Ghani werden könnte, betonte Sediqqi, der Präsident sei "bereit, mit allen Politikern zusammenarbeiten". Beobachter werten das Durcheinander als strategischen Vorteil für die Taliban - sie sehen sich nicht einem geeinten demokratischen Block gegenüber und könnten mit mehreren Parteien in Kabul Friedensgespräche aufnehmen.

© SZ vom 12.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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