Afghanistan:Der lange Weg zum Frieden

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Ein Soldat wacht vor einer Militärakademie in Kabul. Ein Attentäter sprengte sich Mitte Februar in die Luft und tötete mehrere Menschen. (Foto: Rahmat Gul/AP)

Die USA und die Taliban planen, ein Abkommen zum Abbau der Gewalt zu schließen. Wenn es friedlich im Land bleibt, soll ein schrittweiser Abzug der US-Truppen beginnen.

Von Moritz Baumstieger, München

Die USA und die islamistischen Taliban haben sich auf Schritte zu einer Reduzierung der Gewalt in Afghanistan geeinigt. "Nach Jahrzehnten des Konflikts haben wir uns mit den Taliban auf eine signifikante Reduzierung der Gewalt geeinigt", teilte der US-Außenminister am Freitag auf Twitter mit. Das sei ein wichtiger Schritt auf einem langen Weg zum Frieden, und er rufe alle Afghanen auf, die Möglichkeit zu nutzen, schrieb Mike Pompeo weiter.

Ein Sprecher des afghanischen Nachrichtendienstes NSC bestätigte am Freitag, dass um Mitternacht eine "Testphase" für einen Friedensvertrag beginne. Beide Konfliktseiten verpflichten sich, die Gewalt zunächst für eine Woche zu verringern. Wenn es friedlich bleibt, soll ein schrittweiser Abzug der US-Truppen beginnen. Innerhalb von 135 Tagen sollen 4400 der momentan 13 000 im Land stationierten US-Soldaten heimkehren.

Bereits im September 2019 hatten die USA und die Taliban eine ähnliche Einigung verkündet, die dann aber nie unterzeichnet wurde. Ausschlaggebend für das Scheitern war eine Welle von Anschlägen in Kabul und anderen Städten. Unklar ist, ob die Taliban mit dieser Strategie versuchten, den Preis für ihre Zustimmung zu dem Abkommen in die Höhe zu treiben oder ob im Land operierende Fraktionen der Gruppe die Politik ihrer in Katar residierenden Vertreter untergraben wollten, die dort mit dem US-Gesandten Zalmay Khalilzad verhandelten.

US-Präsident Donald Trump, der im Wahlkampf für die Präsidentenwahl im November diesen Jahres gerne damit punkten würde, den bei seinen Anhängern unpopulären Krieg in Afghanistan nach 19 Jahren beendet zu haben, versuchte daraufhin die Taliban zu überrumpeln. Er setzte kurzfristig einen geheimen Gipfel in Camp David an, dem Feriendomizil der US-Präsidenten. Zu dem Treffen wollte er auch den afghanischen Präsidenten Aschraf Ghani laden, mit dem die Taliban bisher Gespräche verweigert hatten. Trump sagte den Gipfel schließlich wegen eines weiteren Anschlags in Kabul ab, die Kritik an ihm war jedoch selbst unter Republikanern scharf: Denn mit den Taliban plante er Mitverantwortliche für die Anschläge des 11. September 2001 an einen der symbolträchtigsten Orte der USA einzuladen.

Beim diesmaligen Anlauf scheinen jedoch sogar schon Terminfragen geklärt: "Wir bereiten uns auf die Unterzeichnung am 29. Februar vor", sagte US-Außenminister Pompeo in einer Stellungnahme. Auch Vertreter der Taliban hatten zuletzt die Übereinkunft für Ende Februar in Aussicht gestellt. Nun bestätigten ihre Vertreter das Datum und kündigten an, dass zur Zeremonie der Unterzeichnung des Abkommens in Katars Hauptstadt Doha Vertreter mehrerer Staaten, der UN und weitere Würdenträger eingeladen werden sollen. Ob dazu auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zählen wird, ist noch unbekannt, er äußerte sich am Freitag jedoch schon einmal erfreut über das Abkommen: "Ich begrüße die heutige Ankündigung, dass eine Verständigung auf eine deutliche Reduzierung der Gewalt in Afghanistan erreicht wurde", sagte der Norweger in Brüssel.

Neben dem Plan zu einem Abzug von US-Truppen soll das Abkommen Garantien der Taliban beinhalten, dass Afghanistan kein Rückzugsort für Terroristen wird. Binnen zehn Tagen nach der Unterzeichnung sollen zudem innerafghanische Verhandlungen zur künftigen Machtverteilung beginnen, die eigentlichen Friedensgespräche. Diese dürften sich derzeit allerdings schwierig gestalten, da die Machtfrage in Kabul nicht eindeutig geklärt ist: Nach einer monatelangen Hängepartie erklärte die Wahlkommission in dieser Woche Amtsinhaber Aschraf Ghani zum Sieger der Präsidentschaftswahlen vom September. Sein Gegenspieler Abdullah Abdullah erkennt das Ergebnis jedoch nicht an und will eine Gegenregierung bilden. Für Gespräche mit den Taliban ist jedoch eine einheitliche Position Kabuls notwendig.

© SZ vom 22.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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