Afghanistan:Besonderer Schutz für Frauen

Mädchen und Frauen in Afghanistan können nach Auffassung eines Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs allein aufgrund ihrer Geschlechtsangehörigkeit als verfolgt gelten. Sie erlebten unter den radikalislamischen Taliban eine "schwerwiegende, systematische und institutionalisierte Diskriminierung", heißt es in den am Donnerstag vorgelegten Schlussanträgen von Generalanwalt Jean Richard de la Tour. Ihre Anerkennung als Flüchtlinge sei auch ohne weitere konkrete Beweise zu rechtfertigen. Der Verwaltungsgerichtshof in Wien hatte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg um Klärung gebeten. Dessen Richter folgen in der Regel den Schlussanträgen. Seit der Rückkehr des Taliban-Regimes in Afghanistan habe sich "die Lage der Mädchen und Frauen im Land rapide verschlechtert, und zwar in einem Maße, dass man von der Verleugnung ihrer Identität sprechen kann", erklärte de la Tour. Ihnen den Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung, Erwerbstätigkeit, Teilhabe am öffentlichen Leben oder ihre Bewegungsfreiheit zu verwehren, laufe in der Häufung der Maßnahmen auf eine Verletzung grundlegender Menschenrechte hinaus. Vom Unionsrecht her seien Asylbehörden nicht daran gehindert, bei schutzsuchenden Frauen und Mädchen aus Afghanistan "zu dem Schluss zu gelangen, dass eine begründete Furcht vor Verfolgung aufgrund des Geschlechts besteht, ohne dass sie nach weiteren sich aus der persönlichen Situation der Antragstellerin ergebenden Anhaltspunkten suchen müssen", so der Generalanwalt.

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