AfD:Von Stuttgart nach Straßburg

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In den Bundestag kann AfD-Chef Meuthen vorerst nicht, aber nach Europa. Er will als Nachrücker im Europäischen Parlament das einzige Mandat übernehmen, das die AfD noch hat. Das hat Folgen.

Von Jens Schneider, Berlin

Als die AfD ihr wichtigstes Ziel erreicht hatte, musste ihr Vorsitzender zuschauen. Den Einzug der neuen Fraktion in den Bundestag verfolgte Parteichef Jörg Meuthen im Reichstagsgebäude von der Tribüne aus. Er gab sich gelassen, sprach von einem ganz entspannten Tag. Aus der Partei freilich war zu hören, dass Meuthen bedauert, dass er vor einem Jahr auf eine Kandidatur für den Bundestag verzichtet hatte. Damals hatte er erklärt, es gehe um seine Glaubwürdigkeit. Denn er habe ja gesagt, dass er Fraktionschef in Baden-Württemberg bleibe, im Landtag in Stuttgart.

Jetzt hat Meuthen es sich doch anders überlegt. In den Bundestag kann Meuthen vorerst nicht, aber nach Europa. Er will als Nachrücker im Europäischen Parlament das einzige Mandat übernehmen, das die AfD nach zahlreichen Austritten noch hat. Zugleich gibt er das Amt als Chef der Landtagsfraktion auf, die ihm ständig Sorgen bereitet und sich vorübergehend sogar gespalten hatte. Er wolle das Abgeordnetenmandat in Stuttgart vorerst behalten, aber dort auf die Diäten verzichten, sagte er.

"Das ist eine langfristig strategische Zielsetzung", sagte Meuthen. Er wolle die AfD wieder stark machen auf europäischer Ebene. Bei der Europa-Wahl 2014 hatte die AfD ihren ersten großen Erfolg erzielt, sie errang sieben Mandate. Die sieben hatten bald Zwist. Fünf verließen bald die Partei, unter ihnen AfD-Mitbegründer Bernd Lucke. Zuletzt trat Marcus Pretzell aus, der Ehemann von Frauke Petry.

Das letzte Mandat hielt die Berlinerin Beatrix von Storch, die es nun mit ihrem Einzug in den Bundestag aufgeben musste. Auf der Liste der Nachrücker steht Meuthen auf Platz zehn. Weil die zwei Kandidaten vor ihm ebenfalls im Bundestag sitzen, ist der Weg für ihn frei.

Meuthens Entscheidung hat Konsequenzen für einen anderen AfD-Spitzenpolitiker, das Bundesvorstandsmitglied Dirk Driesang aus Bayern. Er ist ein Sprecher der eher moderaten "Alternativen Mitte", die sich gegen den Rechtsruck der Partei wendet. Driesang wäre der nächste auf der Liste der Nachrücker gewesen. "Ich wollte das gern machen", sagt er. Weil das nichts wird, zieht er sich nun aus der aktiven Politik zurück. Er könne sein Engagement in der Spitze der AfD und seinen Beruf als Opernsänger zeitlich nicht weiter vereinbaren, erklärt Driesang. Er wolle in der Partei bleiben, aber nicht wieder für den Vorstand kandidieren.

© SZ vom 08.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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