Ägypten:Übergangsregierung ohne Muslimbrüder vereidigt

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Zwei Wochen nach dem Sturz des ägyptischen Präsidenten Mursi haben die neuen Minister in Kairo ihren Amtseid abgelegt - die Muslimbrüder sind in der Übergangsregierung nicht vertreten. Das Militär nimmt eine stärkere politische Rolle ein als erwartet.

In Ägypten ist die neue Übergangsregierung ohne Beteiligung der islamischen Wahlsieger ins Amt eingeschworen worden. Der von der Armee unterstützte Übergangspräsident Adli Mansur nahm am Dienstag 33 Ministern den Amtseid ab. Die Kabinettsmitglieder gehören überwiegend dem liberalen Lager an oder wurden als Fachleute in die Regierung berufen. Die Muslimbruderschaft des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi zeigte sich empört und erklärte, keinen der Regierungsvertreter anzuerkennen.

Armeechef Abdel Fattah al-Sissi, der Mursi abgesetzt hatte, erhielt einen einflussreichen Posten: Er wurde zum Vertreter von Übergangsministerpräsident Hasem al-Beblawi ernannt. Beblawis Bemühungen, die Muslimbruderschaft in die Regierungsbildung einzubeziehen, waren von den Islamisten zuvor abermals schroff zurückgewiesen worden. "Ohne ein Ende des Militärputsches wird es keine nationale Aussöhnung geben", sagte der ranghohe Muslimbruder Mohammed al-Beltagi.

Muslimbrüder verweigern Übergangsregierung Anerkennung

Im neuen Kabinett sitzt weder ein Vertreter der Muslimbrüder noch der anderen wichtigen Islamisten-Partei, Nur. Die beiden Gruppierungen haben seit dem Volksaufstand von 2011, der den langjährigen Staatschef Hosni Mubarak zu Fall brachte, gemeinsam fünf Wahlen gewonnen: zwei Parlamentswahlen, eine Präsidentenwahl sowie zwei Verfassungsreferenden.

Nach der Kabinettsbildung übten die Islamisten harsche Kritik: Weder die Regierung noch der Ministerpräsident oder das Kabinett seien legitimiert, sagte ein Sprecher der Muslimbruderschaft. In der Nacht zuvor war die Gewalt nach einer Woche relativer Ruhe wieder eskaliert.

Seit dem Sturz Mursis vor zwei Wochen wurden mindestens 92 Menschen getötet. Die Armee hatte den Präsidenten entmachtet, nachdem Millionen Menschen gegen ihn auf die Straßen gegangen waren, weil sie eine schleichende Islamisierung ihres Landes fürchteten. Die Anhänger Mursis fordern seine Wiedereinsetzung und berufen sich dabei auf ihre Siege bei demokratischen Wahlen.

© Süddeutsche.de/Reuters/fran - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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