Ägypten:Mursi verhängt Ausnahmezustand über drei Städte

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Ägyptens Präsident Mursi ruft wegen Unruhen den Notstand in drei Städten aus. In Suez, Ismailia und Port Said soll für 30 Tage der Ausnahmezustand gelten.

Angesichts der Gewalt in Ägypten hat Präsident Mohammed Mursi über die drei am stärksten betroffenen Städte den Ausnahmezustand verhängt: In Port Said, Suez und Ismailia gilt von Montag an auch eine Ausgangssperre zwischen 9 Uhr abends und 6 Uhr morgens, wie das islamistische Staatsoberhaupt am Sonntagabend in einer vom Staatsfernsehen übertragenen Rede verkündete.

In Port Said hatte es am Wochenende bei Ausschreitungen Dutzende Tote gegeben. Mehr als 400 Menschen seien verletzt worden, hieß es. Die Krawalle waren am Mittag während eines Trauermarsches für die Todesopfer vom Vortag ausgebrochen, an dem Tausende Menschen teilnahmen. Am Samstag waren in der Hafenstadt 31 Menschen bei Zusammenstößen zwischen protestierenden Bürgern und Sicherheitskräften ums Leben gekommen.

Auslöser der jüngsten Gewaltwelle ist ein Gerichtsurteil: 21 Fans der örtlichen Fußballmannschaft Al-Masri wurden am Samstagmorgen wegen der Beteiligung an tödlichen Übergriffen auf Anhänger des gegnerischen Klubs Al-Ahli vor einem Jahr zum Tode verurteilt. Damals hatten unmittelbar nach Abpfiff Fans der Heimmannschaft das Spielfeld gestürmt und waren mit Brechstangen, Messern und Schusswaffen auf die Unterstützer des rivalisierenden Klubs losgegangen. 74 Menschen starben. Von den Al-Masri-Fans wurden später 61 wegen Mordes angeklagt.

Zusammenstöße auch in Kairo

Neun Polizisten wurden wegen Nachlässigkeit im Dienst vor Gericht gestellt, weil sie die Fans vor dem Spiel nicht gründlich nach Waffen durchsucht hätten. Sie waren nicht unter den Verurteilten vom Wochenende. Für die Polizisten und die übrigen Angeklagten fällt der Richterspruch am 9. März. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Fans in Port Said werfen den Richtern ein politisches Urteil vor. Fußballfans würden geopfert, um die Ultras aus Kairo zu besänftigen, beklagten einige. Jüngst hatte die Staatsanwaltschaft neue Beweise eingebracht, die in diesen Richterspruch nicht eingeflossen sind.

Auch in Kairo kam es am Wochenende immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern und der Polizei. Nach Behördenangaben wurden wegen Krawallen in der Hauptstadt 68 Menschen festgenommen. Die Muslimbruderschaft machte "Vandalen" und "Saboteure" für die Ausschreitungen verantwortlich.

Ägyptens wichtigster Oppositionsblock machte wiederum den Präsidenten für das brutale Vorgehen von Sicherheitskräften gegen Demonstranten verantwortlich. Ein unabhängiges Gremium solle ermitteln und die Täter zur Rechenschaft ziehen, verlangte die Nationale Rettungsfront.

Zugleich drohten die Oppositionellen mit einem Boykott der im Frühjahr geplanten Parlamentswahl, falls ihre Forderungen nach politischen Reformen nicht erfüllt werden. Am Freitag, dem Jahrestag der Revolution, die im Sturz von Langzeitmachthaber Hosni Mubarak endete, waren bei Anti-Regierungsprotesten in Suez mehrere Menschen ums Leben gekommen.

© Süddeutsche.de/dpa/fran - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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