Abschiebehaft:Verheerendes Signal

Man darf Flüchtlinge nicht aus Effizienzgründen einsperren.

Von Wolfgang Janisch

In seinem Gutachten vor dem Abschiebehaft-Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2014 zitierte der Generalanwalt zur Einleitung Artikel eins der Grundrechtecharta: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Wenn Menschen eingesperrt werden, sollte das heißen, kann es nicht um Verwaltungseffizienz gehen. Auf dem Spiel steht das höchste Gut, das die Rechtsordnung zu bieten hat.

Das ist die Folie, vor der man die Pläne des Bundesinnenministers betrachten muss, Abschiebehäftlinge künftig doch wieder in Gefängnissen unterzubringen. Das EU-Gericht hat damals ausgesprochen, was auch ohne höchstrichterliche Nachhilfe hätte klar sein müssen. Abschiebehaft muss vom Strafvollzug klar getrennt sein, nicht nur räumlich. Die Betroffenen müssen ein normales Leben minus Freiheit führen können - mit offenen Zellen, Handy und Besuchsmöglichkeiten. Denn Flüchtlinge sind keine Straftäter.

Gewiss, getrennte Abteilungen unter dem gemeinsamen Dach der Haftanstalt einzurichten, mag formal gerade noch zulässig sein. Das Signal wäre trotzdem verheerend. Menschen, die oft aus großer Not nach Deutschland geflohen sind, werden in die Nähe von Verbrechern gerückt - weil man die Kosten für gesonderte Abschiebehaftanstalten scheut. Das klingt nach Effizienz. Nach Menschenwürde klingt es nicht.

© SZ vom 22.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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