Abrüstung:Das letzte Limit

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Noch gilt der New-Start-Vertrag, der die Zahl der russischen und amerikanischen Atomwaffen begrenzt. 2021 läuft er jedoch aus.

Von Paul-Anton Krüger

Der letzte und wichtigste verbleibende Eckstein in der nuklearen Rüstungskontroll-Architektur zwischen den einstigen Supermächten USA und Russland ist der New-Start; Start ist das Akronym für Strategic Arms Reduction Treaty. Der Vertrag läuft 2021 aus. Er begrenzt die Zahl der strategischen Atomwaffen, also Waffen mit massiver Wirkung, und zwar sowohl der aktiven und in Reserve gehaltenen Trägersysteme als auch die der aktiven Sprengköpfe. Der damalige US-Präsident Barack Obama hatte ihn 2009 mit seinem russischen Kollegen Dmitrij Medwedjew unterzeichnet.

Demnach sind jeder Seite 700 aktive Trägersysteme erlaubt, also landgestützte und auf U-Booten stationierte Interkontinentalraketen sowie strategische Bomber; 100 weitere Systeme können in Reserve gehalten werden. Insgesamt dürfen darauf grundsätzlich nicht mehr als 1550 nukleare Sprengköpfe angebracht sein. Keine Beschränkungen enthält der Vertrag für taktische Atomwaffen, also Waffen mit geringerer Reichweite und Sprengkraft, und auch nicht für Sprengköpfe, die nicht auf Trägersystemen stationiert sind.

Der Vertrag trat 2011 in Kraft und reduziert die Zahl der Trägersysteme gegenüber dem ersten Start-Vertrag von 1991 um mehr als die Hälfte und die Zahl der Sprengköpfe um fast zwei Drittel. Was New Start allerdings nicht verbietet, ist die Modernisierung der Nuklearstreitkräfte.

Moskau ersetzt dementsprechend die noch aus dem Kalten Krieg stammenden Raketensysteme durch Neuentwicklungen, die ein Merkmal gemeinsam haben: Sie sind darauf ausgerichtet, der Entwicklung von Raketenabwehrsystemen durch die USA entgegenzutreten, die Russland als Bedrohung des strategischen Gleichgewichts sieht, also letztlich als den Versuch, Russlands Fähigkeit, nach einem Angriff voll zurückzuschlagen, zu beeinträchtigen - die Grundlage der nuklearen Abschreckung. Die neuen Raketen besitzen deswegen zum Beispiel mehrere Sprengköpfe, die steuerbar sind. Russland hat überdies zwei neue Klassen von U-Booten in Dienst gestellt, die nuklear bestückte Raketen tragen können, und erwägt die zwischenzeitlich eingestellte Produktion der Tu-160-Bomber mit einem modifizierten Modell wieder aufzunehmen.

Verträge legten den USA nur unnötig Fesseln an, argumentiert Trumps Sicherheitsberater

Die USA planen ihrerseits, die landgestützten Minuteman-III-Raketen bis 2030 durch ein neues System abzulösen. Neue Raketen-U-Boote sind für 2031 geplant. Ambitioniert und umstritten ist das Projekt der Luftwaffe, einen neuen bombergestützten und nuklear bestückten Marschflugkörper zu entwickeln, von dem bis zu 1100 Stück angeschafft werden sollen. Ein neuer strategischer Langstreckenbomber mit Tarnkappeneigenschaften, der B-21, soll von 2025 an die alternde US-Bomberflotte ersetzen.

US-Präsident Donald Trump und sein russischer Widerpart Wladimir Putin müssen nun entscheiden, ob sie den New-Start-Vertrag fortführen wollen oder sogar anstreben, die Zahl der strategischen Atomwaffen weiter zu verringern. Eine Verlängerung des Vertrags um fünf Jahre würde keine langwierigen Verhandlungen notwendig machen, weitere Reduktionen dagegen schon. Allerdings argumentieren Kritiker von Rüstungskontrolle wie Trumps Sicherheitsberater John Bolton, Verträge legten den USA nur unnötig Fesseln an. Und Russland werde schon aus wirtschaftlichen Zwängen die Zahl seiner strategischen Atomwaffen weiter reduzieren, zugleich aber durch Vereinbarungen nicht daran gehindert, Raketen zu bauen, die in kurzer Zeit mit zusätzlichen Sprengköpfen ausgerüstet werden könnten.

Putin hat zwar angekündigt, den New-Start-Vertrag verlängern zu wollen, er stellte aber zugleich im März futuristische nukleare Langstreckenwaffen vor, die zum Teil nicht unter die Limits des Vertrags fallen. Nicht gerade ein Argument, mit dem er Trump oder Bolton für eine Verlängerung gewinnen wird.

© SZ vom 23.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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