Abgeordnetenhaus:Politikforscher: trotz Fehlstarts Chancen für neuen Senat

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Professor Thorsten Faas, Politikwissenschaftler an der Freien Universität in Berlin. (Foto: Bernd Wannenmacher/Freie Universität Berlin /dpa/Archivbild)

Bei der Wahl des neuen Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner waren die Bündnispartner CDU und SPD alles andere als geschlossen. Das muss aber nicht so bleiben, meint FU-Politologe Faas.

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Berlin (dpa/bb) - Trotz der Startschwierigkeiten der schwarz-roten Koalition in Berlin erwartet der Politikwissenschaftler Thorsten Faas, dass der neue Senat politische Projekte durchsetzen kann. Man werde „nicht permanent einen Senat erleben, der um die eigene Mehrheit bangen muss“, sagte Faas der Deutschen Presse-Agentur. „Die ist ja auch gar nicht so knapp, da kommt es nicht auf jeden und jede einzelne an.“ Die neue Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) riet, nun mit der Arbeit anzufangen.

CDU-Landeschef Kai Wegner hatte bei der Wahl zum Regierenden Bürgermeister am Donnerstag im Abgeordnetenhaus erst im dritten Wahlgang die nötige Mehrheit erhalten. Vermutet wird Unmut vor allem in der SPD. Die AfD erklärte, im dritten Wahlgang für Wegner gestimmt zu haben. Das schürte Spekulationen, Wegners Wahl sei von der Rechtspartei abhängig gewesen. CDU und SPD widersprechen dem.

Senatorin Kiziltepe sagte dem „Tagesspiegel“ (Samstag), Wegner habe im dritten Wahlgang 86 Stimmen erreicht, was genau der Zahl der Mandate von CDU und SPD entspreche. „Wir werden jetzt anfangen zu arbeiten und nicht auf politische Spielchen der Rechten reinfallen.“

Zugleich äußerte sich die Senatorin selbst noch einmal distanziert zur CDU und deren Reaktion auf die Silvester-Krawalle in Berlin. Die Debatte über die Vornamen der Verdächtigen sei „unterirdisch“ gewesen und habe viele Menschen mit Migrationshintergrund getroffen. „Auch deshalb haben wir das im Sondierungspapier benannt und mit der CDU geklärt“, sagte die SPD-Politikerin.

Kiziltepe sagte auch: „Ich kann Ihnen sagen, dass wir mit der festen Absicht in die Sondierungsgespräche gegangen sind, Rot-Grün-Rot fortzusetzen.“ Dafür hätten Konflikte mit Grünen und Linken ausgeräumt werden müssen. Die SPD habe jedoch bei wichtigen Punkten keine Zusagen bekommen.

Politikforscher Faas, Professor an der Freien Universität Berlin, sagte der dpa: „Das ist für die SPD keine einfache Entscheidung gewesen. Mit dem rot-grün-roten Bündnis steht ja auch weiterhin grundsätzlich eine Alternative zur Verfügung, die für viele inhaltlich näher liegt.“

Wenn das Bündnis nicht funktioniere, sei es nicht nur für die frühere Regierende Bürgermeisterin und jetzige Senatorin Franziska Giffey schwierig. „Der schmale Grat, den es zu finden gilt, ist eben zu sagen: Wir wollen dieses Bündnis zum Erfolg führen, aber noch besser wäre es, wenn wir an der Spitze stünden. Da muss man schauen, wie gut das funktioniert.“

Der neue Regierende Bürgermeister Wegner sei für viele Bürgerinnen und Bürger ein unbeschriebenes Blatt und die misslungene Wahl „ein Fehlstart“, sagte Faas. Dies könne sein Image nachhaltig prägen. Trotzdem könne nun auch die inhaltliche Arbeit in den Fokus kommen.

© dpa-infocom, dpa:230429-99-496234/3

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