Abgase:Diesel dürfen weiter in die Stadt

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Viel Verkehr, dicke Luft: Die Corneliusstraße in Düsseldorf gehört zu den höchstbelasteten Gegenden Deutschlands. (Foto: Marcel Kusch/dpa)

In Düsseldorf verzichten die Behörden auf Fahrverbote und riskieren damit einen neuen Rechtsstreit: Der Konflikt mit Umweltverbänden dürfte eskalieren.

Von Christian Wernicke, Düsseldorf

Trotz überhöhter Stickoxid-Belastungen kommen die Autofahrer in Düsseldorf an einem Fahrverbot für Diesel vorbei. Das sieht der neue Luftreinhalteplan vor, den die zuständige Bezirksregierung Düsseldorf vorgelegt hat. Der Plan dürfte den Konflikt zwischen Umweltverbänden und der schwarz-gelben Landesregierung von Nordrhein-Westfalen eskalieren lassen: Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wirft Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) eine "Hinhaltetaktik" vor, die die Gesundheit der Bürger gefährde. Die DUH will vor Gericht ein Zwangsgeld beantragen, um die Regierung so zu schärferen Maßnahmen zu zwingen. NRW-Regierungschef Laschet hatte mehrmals erklärt, aus seiner Sicht seien Fahrverbote "rechtswidrig".

Tatsächlich hatte auch Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher (CDU) noch im vergangenen November Fahrverbote für unvermeidlich gehalten. Am Montag hingegen erklärte die Chefin der Düsseldorfer Bezirksregierung, andere Maßnahmen wie ein erhöhter Einsatz von Bussen und Bahnen sowie eine Umrüstung des städtischen Fuhrparks könnten genügen, um die Luftwerte in der Landeshauptstadt zu senken und bis 2024 den Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter endlich einzuhalten. Radermacher sagte, sie sei "inhaltlich auf einer Linie" mit ihrem Regierungschef und lehne Fahrverbote ab: "Aber es ist nicht so, dass er mir die Hand beim Schreiben dieses Plans geführt hat." Sie ließ durchblicken, dass ihre Behörde auch in Essen - einer anderen NRW-Stadt mit chronisch überhöhten Messwerten - keine Fahrverbote verhängen werde.

Umweltverbände argwöhnen, der Sinneswandel der hohen Verwaltungsbeamtin wurzle in Anweisungen "von oben". Nach dem Dieselurteil des Bundesverwaltungsgerichts im Februar hatte Laschet in Düsseldorf seine persönliche Deutung des Leipziger Urteils verkündet: Dieselfahrverbote blieben nach dem Richterspruch "unverhältnismäßig und rechtswidrig". Zugleich erinnerte der Ministerpräsident daran, dass die Regierungspräsidentin den Weisungen ihres Dienstherrn zu gehorchen habe: Falls die Bezirksregierung Fahrverbote erlasse, so betonte Laschet, "gäbe es rechtliche Möglichkeiten, das zu untersagen".

Die gesetzlichen Grenzwerte werden nach dem jetzigen Plan erst 2024 oder 2025 eingehalten

Am Dienstag verhandelt das Verwaltungsgericht Düsseldorf über einen Antrag der Umwelthilfe, gegen das Land NRW ein Zwangsgeld zu verhängen. Die DUH wirft Laschets Regierung vor, Gerichtsurteile zu schnelleren Maßnahmen für saubere Luft zu verschleppen und so die Gesundheit vieler Bürger zu schädigen. Die DUH verlangt, zum 1. Januar 2019 Fahrverbote gegen Dieselautos zu verhängen, die nicht der Emissionsklasse Euro 5 genügen. Vom 1. September 2019 an sollten alle Euro-5-Pkws in Zonen mit überhöhter Stickoxid-Belastung ausgebremst werden.

Die Düsseldorfer Bezirksregierung wählt nun einen anderen Weg. Zwar prüfte Radermachers Behörde Dieselfahrverbote für eine potenzielle "Umweltzone" in der Düsseldorfer Innenstadt. Auf diese Weise könnte in Düsseldorf an drei kritischen Messstellen der gesetzliche Grenzwert zwei bis drei Jahre früher als nach dem jetzigen Plan eingehalten werden, nämlich schon 2022 statt 2024 und 2025. Aber nach Meinung von Regierungspräsidentin Radermacher hätte diese frühere Luftverbesserung einen "zu hohen Preis", weil einseitig 120 000 Düsseldorfer Dieselfahrer und täglich 170 000 Dieselpendler aus Nachbargemeinden benachteiligt würden: "Nein, wir können nicht den Handel, das Handwerk und die Innenstadt lahmlegen." Die Verwaltungschefin rechnet damit, dass die Umwelthilfe nun auch gegen ihren neuen Luftreinhalteplan vor Gericht ziehen wird.

© SZ vom 21.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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