Abgas-Affäre:Winterkorn muss alle VW-Ämter aufgeben

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Der Ex-Chef sieht sich auch zum Rückzug bei Audi und Porsche gedrängt. VW droht Ärger mit einer Bank.

Von C. Gammelin, M. Hägler, K. Ott, München/Lima

Martin Winterkorn wird wegen der Abgasaffäre bei Volkswagen bedrängt, nach seinem Rücktritt als Vorstandsvorsitzender auch alle übrigen Ämter im VW-Konzern aufzugeben. Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR ist damit in den nächsten Tagen zu rechnen. Winterkorn ist derzeit noch Aufsichtsratschef bei Audi und bei der Lkw-Tochter von VW sowie Aufsichtsrat beim Sportwagen-Hersteller Porsche.

Vor allem aber hat der langjährige Top-Manager noch den Chefposten bei der Porsche SE Holding inne. Das ist eine Finanz-Gesellschaft, in der die Familien Porsche und Piëch ihre Anteile an der Volkswagen AG gebündelt haben. Die beiden Familien sind über diese Holding Hauptaktionäre des Autokonzerns, den sie so steuern können. Bliebe Winterkorn Chef der Familien-Holding, dann hätte er weiterhin großen Einfluss auf Volkswagen und auch auf Matthias Müller, seinen Nachfolger als Vorstandsvorsitzender bei VW. Müller ist in der Holding Vorstand für Strategien und Unternehmensentwicklung und hat dort Winterkorn derzeit noch als Chef vor sich.

Aus Konzernkreisen heißt es, Winterkorn habe seine Lage analysiert und werde sich nun vollständig zurückziehen. Zuvor müssten noch einige Formalien geklärt werden. Das Land Niedersachsen, zweitgrößter Aktionär von Volkswagen, hatte Winterkorn zu verstehen gegeben, dass er aus allen Ämtern ausscheiden müsse. Den "kompletten Rückzug" hatten auch Vertreter der IG Metall verlangt, die bei VW eine wichtige Rolle spielt. Sein Aufsichtsratsmandat beim Fußball-Klub FC Bayern München will Winterkorn aber behalten. Darum soll ihn Klubchef Karl-Heinz Rummenigge gebeten haben. Dieses Mandat ist nicht an VW gekoppelt.

Die Europäische Investitionsbank (EIB) prüft Konsequenzen aus der Manipulation von Abgaswerten bei Dieselfahrzeugen durch VW. Die EIB, eine Förderbank der EU, hat Volkswagen seit 1990 etwa 4,6 Milliarden Euro an günstigen Krediten gewährt, unter anderem für die Entwicklung sauberer Motoren sowie ausländische Produktionsstätten in Lateinamerika. EIB-Chef Werner Hoyer kündigte im Gespräch mit der SZ "sehr genaue Untersuchungen" an. Vorbehaltlich des Ergebnisses "werden wir uns die Frage stellen müssen, ob wir Kredite zurückfordern müssen, sollten sie zweckentfremdet worden sein". Derzeit liefen noch Kredite über 1,8 Milliarden Euro.

Hoyer sagte bei Tagungen internationaler Finanzorganisationen in der peruanischen Hauptstadt Lima, er habe "nicht die Absicht, den Mantel des Schweigens über die Angelegenheit zu decken". Die EIB wolle wissen, "wofür unsere Kredite verwendet wurden und welche Konsequenzen sich möglicherweise daraus ergeben". Die Abgas-Manipulationen seien "ungeheuerlich". Nicht nur Millionen Autokäufer seien getäuscht und geschädigt worden. "Auch die EIB könnte geschädigt worden sein, weil wir mit unseren Krediten bestimmte Klimaziele verfolgen müssen."

Hoyer zeigte sich "außerordentlich enttäuscht" von Volkswagen. Das Verhältnis zu diesem wichtigen Partner sei "sehr schwer belastet".

© SZ vom 12.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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