30-Jährige steigt in Fraktionsspitze auf:Schön geschmeidig bleiben

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Nadine Schön rückt in die Fraktionsspitze der CDU auf (Foto: Ole Westermann)

Jung und Frau zu sein war lange ein gewaltiger Nachteil in der Union - aber das ändert sich jetzt. Nadine Schön wird stellvertretende Fraktionschefin. Ist das der Beginn einer größeren Karriere?

Von Robert Roßmann, Berlin

Es ist eine der überraschendsten Personalien in diesen wahrlich nicht nachrichtenarmen Tagen. Nadine Schön, gerade noch jüngste Unionsabgeordnete, soll Stellvertreterin von Fraktionschef Volker Kauder werden. Die Frau ist erst 30 - und bisher nicht einmal Parlamentsbeobachtern sonderlich aufgefallen. Trotzdem rückt sie jetzt in die Fraktionsspitze auf. CDU und CSU stellen 311 Abgeordnete, es hätte also durchaus Alternativen gegeben. Außerdem ist die Union bisher nicht gerade für die übermäßige Förderung von Frauen bekannt.

Die Kanzlerin und ihre Verteidigungsministerin verdecken, dass die CDU ein noch größeres Frauenproblem hat als die SPD: Drei Viertel der Unionsabgeordneten sind Männer. Aber genau darin liegt jetzt auch eine der Erklärungen für den sprunghaften Aufstieg von Schön: Die Not ist bei der CDU so groß, dass man einen besonders deutlichen Gegenpol zu den alten Männern schaffen muss. Jung und Frau zu sein war lange ein gewaltiger Nachteil in der Union - aber das dreht sich jetzt.

Den Aufstieg Schöns aber nur damit zu begründen wäre doch etwas einfach. Die Saarländerin zog bereits 2004 in den dortigen Landtag ein, 2009 schaffte sie den Sprung in den Bundestag. Damals hieß sie noch Müller. Inzwischen hat die gläubige Katholikin geheiratet und den Nachnamen ihres Mannes angenommen. Der war Büroleiter des früheren Ministerpräsidenten Peter Müller. Ihren Wahlkreis hat Schön jedesmal direkt gewonnen - zuletzt mit zwölf Prozentpunkten Vorsprung auf den SPD-Kandidaten. Im Bundestag saß sie bisher im Wirtschafts- und im Familienausschuss. Außerdem reüssierte sie in der Gruppe der Frauen und als Netzpolitikerin. Jetzt war sie auch am Vorsitz der Gruppe der jungen Abgeordneten interessiert.

Nadine Schön hat in der Unionsfraktion zwar immer wieder eigenes Profil gezeigt, war dabei allerdings meistens erstaunlich geschmeidig. Sie sprach sich gegen das Betreuungsgeld aus. Sie gehörte zu den 13 Unionsabgeordneten, die die steuerliche Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften forderten. Und sie hat den Aufruf "CDU 2017" unterzeichnet, der als Kritik junger Unionsabgeordneter am Koalitionsvertrag verstanden wurde. Verkämpft hat sich Schön dabei allerdings nie. Sie fuhr eher im Windschatten anderer wie dem des Gesundheitsexperten Jens Spahn, der jetzt beim großen Postenverteilen leer ausging. Dass die Fraktionsführung Schön so schätzt, liegt auch daran, dass die Abgeordnete in Tonfall und Form immer ziemlich moderat blieb - geschmeidig eben.

Ob die Beförderung Schöns der Beginn einer größeren Karriere ist, muss sich noch zeigen. Zum einen wird es neben ihr neun weitere Stellvertreter in der Unionsfraktion geben - da geht man leicht unter. Zum anderen hat die 30-Jährige bereits erklärt, sie werde sicher nicht als Bundestagsabgeordnete "in Rente gehen". Nach der Zeit als Politikerin wolle sie "noch was anderes machen".

© SZ vom 20.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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