Mossad:Digitale Agenten

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Israels Geheimdienst setzt auf neue Technologien.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Eine attraktive Frau sitzt auf der Terrasse eines Lokals, vor sich einen Cocktail, als sie ins Ohr geflüstert bekommt: "Mach dich bereit!" Sie greift in ihre Handtasche, setzt eine Linse auf ihr Auge und plötzlich werden die Gesichter der Menschen in ihrer Umgebung gescannt. Beim dritten Mann meldet das System einen Treffer und bestätigt: "Mission erfüllt!" Während die Frau weiter an ihrem Cocktail nippt, fragt eine Stimme den Zuschauer, ob man an einer bahnbrechenden Technologie arbeite und der Ansicht sei, der Mossad könne vielleicht daran interessiert sein. In diesem Fall solle man sich an Libertad wenden.

Mit diesem Werbespot, der auf Youtube abrufbar ist, wirbt der israelische Geheimdienst Mossad für seine vor zwei Jahren gegründete Firma Libertad, seine Investitionseinheit. Der Mossad bietet Firmen Geld für Entwicklungen an, die für den Geheimdienst von Interesse sind.

Die Erfahrungen seien so gut, dass der Mossad nun seine Investitionen in neue Technologien stark ausweiten will, zitiert die Zeitung Times of Israel den Chef von Libertad. Dessen Namen bleibt natürlich geheim - so viel Diskretion muss noch sein. Hunderte Bewerbungen seien eingetroffen. "Wir haben mehrere strategische Investitionen auf hohem Qualitätsniveau getätigt, die dem Mossad bereits sehr nützlich sind. Jetzt wollen wir uns an weitere Firmen und Unternehmer wenden", wird der Libertad-Chef zitiert.

Eine neue Website wurde aufgesetzt und das Ziel der Investitionen stark erweitert. Der Mossad präsentiert eine lange Liste von Bereichen, die für den Geheimdienst interessant sind: Fintech, Roboter, automatisierte Datenerfassung, Drohnen, Personenanalyse, Big Data, Spracherfassung, 3-D-Scans und -Druck, Smart-City-Technologie, Artificial Intelligence, Blockchain, Datensicherheit und Maschinenlernprozesse - also praktisch das gesamte Spektrum der neueren Technologien.

Der Aufruf richtet sich an Unternehmer und Start-ups weltweit. Die Organisation versichert, dass man keine Beteiligung und keine kommerzielle Verwertung anstrebe und auch nicht auf Exklusivität bestehe.

Dass der Mossad überhaupt eine Öffentlichkeitsoffensive startet, ist ein Novum. Denn der häufig als bester Geheimdienst der Welt bezeichnete Mossad, der mit der Entführung des NS-Verbrechers Adolf Eichmann in den Sechzigerjahren Bekanntheit erlangte, ist sonst auf Diskretion bedacht. Aber in einer Zeit, in der sich die Herausforderungen immer mehr von der realen in die Cyber-Welt verlagern, muss auch ein Geheimdienst neue Wege gehen.

Der Mossad ist außerdem gezwungen, seine Deckung aufzugeben, wenn es darum geht, Personal anzuwerben. Auf Veranstaltungen wie der Cyber-Tech-Messe in Tel Aviv ist der Mossad mit einem eigenen Stand präsent und wirbt um technikaffine Mitarbeiter. Die Geheimdienste befinden sich, genauso wie das israelische Militär, in einem Wettbewerb um die besten Talente mit Tausenden Start-ups in Israel, die mit höher dotierten Gehältern locken. Der Mossad wirbt um Mitarbeiter und Investitionen mit dem gleichen Slogan: "Ihr Erfolg ist unsere Motivation."

© SZ vom 25.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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