Koalitionstreffen:Kompromisssuche im Kanzleramt

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Steuern runter - und wenn ja, wann? Kanzlerin Merkel sucht mit den Chefs von FDP und CSU Lösungen und will die Koalition zusammenhalten.

P. Blechschmidt

Die Vorsitzenden von CDU, CSU und FDP sind am Sonntagnachmittag zu einem Dreier-Gespräch im Kanzleramt zusammengetroffen. Dabei wollten sich Angela Merkel, Horst Seehofer und Guido Westerwelle nach Angaben aus Koalitionskreisen um ein besseres Erscheinungsbild des schwarz-gelben Bündnisses bemühen, das vor allem durch den Steuerstreit getrübt wird. Das Treffen ging nach zweieinhalb Stunden zu Ende. Westerwelle und Seehofer verließen das Kanzleramt, ohne sich über das Gespräch zu äußern.

"Liebe Freunde von der Union, euer Gegner ist nicht die FDP": Außenminister Westerwelle auf dem Weg ins Kanzleramt. (Foto: Foto: ddp)

Aus Koalitionskreisen hieß es indes, das Treffen sei in entspannter Atmosphäre verlaufen. Man halte an der Steuerstrukturreform fest, deren Ausgestaltung werde aber von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung und der Steuerschätzung im Mai abhängen. Nach dem Treffen gingen die drei Parteivorsitzenden gemeinsam essen.

Vertreter aller drei Parteien hatten betont, die öffentlichen Streitigkeiten zwischen den Koalitionspartnern müssten beendet werden. Westerwelle forderte vor dem Treffen die Union auf, ihre Angriffe auf die Liberalen einzustellen. "Liebe Freunde von der Union, euer Gegner ist nicht die FDP. Eure Gegner sind SPD, Grüne und Linkspartei", erklärte Westerwelle beim Neujahrsempfang der nordrhein-westfälischen FDP in Düsseldorf. Die bayerische FDP-Vorsitzende, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, sagte, von dem Treffen müsse ein Signal der Geschlossenheit ausgehen.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte der Bild-Zeitung: "Es darf nicht mehr jeden Tag etwas herausgegackert werden. Sonst erleben wir ein Kommunikationsdesaster wie Rot-Grün bei der Einführung von Hartz IV." Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) erklärte bei einer Veranstaltung in Bremen: "Man darf ruhig den Eindruck erwecken, dass man tatsächlich auch gemeinsam regieren will."

Von einem Krisengipfel könne keine Rede sein, hieß es aus allen drei Parteien. Gleichwohl ist allen Koalitionären bewusst, dass der Steuerstreit dem Ansehen der Regierung in der Öffentlichkeit beträchtlichen Schaden zufügt. Deshalb gibt es mittlerweile Hinweise auf mögliche Kompromisse.

Verschiebung möglich

Die FDP-Politiker Andreas Pinkwart, Leutheusser-Schnarrenberger und Hermann-Otto Solms erklärten, die angestrebte Steuerreform könne auch erst im Jahr 2012 wirksam werden, wenn es denn bei der verabredeten Entlastung von insgesamt 24 Milliarden Euro im Jahr bleibe. Westerwelle hält auch einen Fünf-Stufen-Steuertarif anstelle der von der FDP favorisierten drei Stufen für denkbar.

Der stellvertretende CDU-Vorsitzende Christian Wulff brachte eine Regierungskommission unter Vorsitz von Finanzminister Wolfgang Schäuble ins Gespräch, welche die Steuerreform ausarbeiten solle. Diese Kommission könnte nach Ansicht der FDP unverzüglich ihre Arbeit aufnehmen und die Ergebnisse der Steuerschätzung im Mai einarbeiten.

Für neuen Unmut bei der FDP sorgte allerdings Schäuble, der in einem Focus-Interview betonte, im Koalitionsvertrag sei geregelt, dass alles finanzierbar sein müsse. "Deshalb haben wir für die Frage weiterer Steuerentlastungen verabredet: Ob, wann und wie viel - das entscheiden wir Mitte 2010, wenn wir den Haushalt 2011 und den Finanzplan bis 2014 aufstellen", sagte Schäuble.

© SZ vom 18.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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