Aufständische:Und jetzt, Abu Ivanka?

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Syrische Rebellen preisen Trump - aber auch Assad könnte von der spontanen Vergeltungsaktion des US-Präsidenten profitieren.

Von Moritz Baumstieger

Der neue US-Präsident ist in Syrien angekommen, nicht nur politisch, sondern auch mit seinem Namen. Bereits seit Januar kann man in der Stadt Kobanê, an der Grenze zur Türkei, Falafel in einem Restaurant bestellen, das ihm zu Ehren "Trump" benannt wurde. Und nachdem er nun Raketen auf eine Luftwaffenbasis von Machthaber Baschar al-Assad regnen ließ, dürfte in den Rebellengebieten die Gefahr für männliche Neugeborene steigen, als Donald durchs Leben gehen zu müssen: Die Dankbarkeit unter den Aufständischen ist groß gegenüber Trump, sehr groß.

Mit ihm hat endlich ein US-Präsident das Leid der Zivilbevölkerung mit emotionalen Worten anerkannt, vor allem aber hat er dem Diktator kraftvoll die Grenzen aufgezeigt, anstatt nur zu mahnen. "Das erste Mal seit sieben Jahren habe ich das Gefühl, dass das Blut und die Seelen der syrischen Kinder nicht abgeschrieben werden", schreibt etwa ein Aktivist aus Aleppo. Im selben Ton äußern sich viele, viele andere in den Rebellengebieten; einige haben Trump sogar ehrenhalber einen nom de guerre im Stile der syrischen Rebellen gegeben: Sie preisen Trump nun scherzhaft als "Abu Ivanka al-Amriki".

Dass der Beschuss der Basis al-Schairat dem Bürgerkrieg aber eine neue Richtung geben könnte, glauben auch die Rebellen nicht. Zwar haben die Golfstaaten und die Türkei den Luftschlag begrüßt und teils weitere gefordert. Dass die USA nun aber neben der Zerschlagung des IS auch einen Machtwechsel in Damaskus als Kriegsziel definieren, ist unwahrscheinlich. Und ohne Hilfe der USA werden auch die regionalen Partner der Aufständischen ihr Engagement dahingehend nicht verstärken.

Der US-Präsident hat sich in die Hand des Diktators begeben

Washington hat bereits erklärt, dass der Angriff auf al-Schairat eine einmalige Strafaktion war. Der Verlust einiger Kampfjets mag den klammen Machthaber in Damaskus schmerzen, seinen Luftkrieg gegen die eigene Bevölkerung beendet der Schlag aber nicht: Er verfügt noch über weitere Basen, und bereits am Samstag verbreitete das Regime Aufnahmen, nach denen in al-Schairat bereits wieder Kampfflugzeuge starten. Nach Berichten der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, die Informationen über ein Netzwerk lokaler Aktivisten bezieht, wurde am Wochenende neben anderen Orten auch Khan Scheikhun wieder Ziel von Angriffen, mindestens vier Bewohner starben. Bildern zufolge begannen daraufhin Einwohner, die Stadt zu verlassen, in der es am Dienstag zu dem Chemiewaffenangriff kam.

In der Defensive ist Assad nun aber keinesfalls, er hat den US-Präsidenten nach dessen spontaner Vergeltungsaktion sogar ein Stück weit in der Hand: Will der sein neues Ansehen als starker Mann mit starkem Bauchgefühl nicht sofort wieder verlieren, müsste er auf neuerliche Provokationen ebenso kraftvoll antworten. Das aber würde jene größere Rolle im syrischen Bürgerkrieg bedeuten, die Trump eigentlich genauso vermeiden wollte wie ein neues Zerwürfnis mit Russland. Als Moskau auf seinen Überraschungsangriff mit einem Aussetzen der Kooperation mit den USA im syrischen Luftraum reagierte, war das sogar ganz im Sinne des Diktators: Dass die beiden Großmächte in Syrien enger zusammenarbeiten und Assad gemeinsam zu Konzessionen zwingen, ist seit Abu Ivankas Strafaktion etwas unwahrscheinlicher geworden.

© SZ vom 10.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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