Afghanistan:Die Taktik der Taliban

Morgens bomben, mittags reden - das zahlt sich für die Taliban aus.

Von Tobias Matern

Bomben am Morgen, am Mittag dann reden - so agieren die Taliban. Sie attackieren in Afghanistan ein Gebäude des Geheimdienstes, töten Dutzende Menschen und können sicher sein: Die schaurigen Bilder schaffen es in die Nachrichten, und so wird auch ihr Hass auf die Regierung in Kabul medial dokumentiert. Vertreter des politischen Taliban-Flügels setzen sich aber am selben Tag in Katar mit Diplomaten aus den USA zusammen, um einen Rahmen für mögliche Friedensgespräche abzustecken.

Warum bläst Kabuls Schutzmacht USA ein solches Treffen nicht ab, solange zeitgleich Zivilisten und Angestellte des afghanischen Staates massakriert werden? Warum diktieren statt der Amerikaner die Taliban die Agenda? Ganz einfach: Die USA wollen raus aus dem Land, in dem sie einst die Taliban zwar problemlos aus Kabul vertrieben haben, ohne sie aber dann militärisch besiegen zu können.

Von einem afghanisch geführten Friedensprozess, wie ihn die USA postulieren, kann längst keine Rede mehr sein. Vertreter der Regierung in Kabul sitzen noch nicht einmal mit am Tisch, wenn Taliban und Amerikaner abstecken, welche Punkte in Friedensgesprächen zu behandeln sind. Afghanistans Regierung wird zum Zuschauer degradiert. Morgens bomben, mittags reden: Für die Taliban geht diese Taktik bislang voll auf.

© SZ vom 23.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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