17-Jähriger kehrt Konservativen den Rücken:Wunderkind wehrt sich

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Mit wüsten Attacken verurteilen Amerikas konservative Medien die Wandlung des einstigen republikanischen Posterboys Jonathan Krohn zum Liberalen. Im Gespräch mit "Süddeutsche.de" rechtfertigt sich der 17-Jährige. Denn eigentlich träumt er doch nur von etwas Ruhe, einem Ferienhaus und einer großbusigen Freundin.

Matthias Kolb

Abtrünniger Konservativer Jonathan Krohn mit 17: Hat er es für die Mädchen getan? (Foto: oH)

Er habe nicht erwartet, dass die konservativen Medien in Jubel ausbrechen, wenn sie von seinem Reifeprozess erfahren, doch das Ausmaß an Boshaftigkeit habe ihn überrascht, sagt Jonathan Krohn im Interview mit S üddeutsche.de. Vor einer Woche verriet der 17-Jährige einem Reporter von Politico, dass er sich nicht länger als Konservativer fühle und am 6. November wohl für US-Präsident Barack Obama stimmen würde - wenn er schon wählen dürfte.

Die Reaktionen auf diese für einen Teenager ziemlich normale Meinungsänderung ist nur mit Krohns bisheriger Karriere zu erklären: Als 13-Jähriger eroberte er die Conservative Political Action Conference mit einer knapp dreiminütigen Rede über die "vier Prinzipien des Konservativismus" im Sturm und wurde danach vom konservativen Amerika als Hoffnungsträger gefeiert (mehr zum Lebenslauf in diesem Wahlblog-Beitrag).

"Er hat es wegen der Mädchen getan"

Seit er Politico und anderen, eher liberalen Medien ( CNN-Video hier) erklärt hat, dass er nichts gegen Homo-Ehe habe und Obamacare gut findet, wird er etwa im Online-Magazin Daily Caller als "Depp" und "Nervensäge" beschimpft.

Während seit Tagen im Internet immer wieder alte Bilder gepostet werden, die das einstige "conservative wunderkind" mit konservativen Politikern wie Mitt Romney oder Newt Gingrich zeigen, üben sich die Moderatoren beim konservativen Zentralorgan Fox News in Küchenpsychologie und rätseln darüber, was Krohn zu seiner Fahnenflucht bewegt haben könnte.

Dana Perino, einst Pressesprecherin von George W. Bush, vermutet beispielsweise bei "The Fox Five": "Er hat es wegen der Mädchen getan. Er ist 17, geht bald aufs College und weiß, dass er als Liberaler mehr Chancen haben wird." Ihr Ko-Moderator Eric Bolling spottet hingegen darüber, dass der Teenager seine Zeit mit der Lektüre von Philosophie-Büchern verplempere. Bolling erinnert sich daran, wie Krohn ihm einst lange Vorträge über die Gründerväter gehalten habe. Greg Gutfeld, ebenfalls Ko-Moderator bei "The Fox Five", denkt laut darüber nach, ob es nicht besser gewesen wäre, Krohn als Baby im Wald auszusetzen - und grinst anschließend in die Kamera.

Via Twitter habe er allerdings viel positivere Nachrichten erhalten, berichtet Krohn, der nun in einem bissigen Essay für Salon.com beschreibt, wie er die vergangenen Tage erlebt hat. "Diese Leute kritisieren mich wegen meiner Hornbrille, aber haben ansonsten keine ernstzunehmenden Argumente. Es sind Erwachsene, die sich wie kleine Kinder benehmen. Kein Wunder, dass ich mit 13 da so gut reingepasst habe."

Traum von Sommerhaus und Freundin

Er würde sich freuen, wenn die "wütenden Rechtsaußen" aufhören würden, böse Dinge über ihn zu behaupten, schreibt Krohn in dem Essay. Doch leider werde dieser Traum wohl ebenso wenig in Erfüllung gehen wie sein Wunsch, ein Sommerhaus in den Hamptons zu besitzen und eine wunderschöne, großbusige Freundin zu haben.

Die Lektüre des Texts lohnt nicht nur, um über Amerikas Medien und politische Kultur zu lernen, sondern auch weil es eine Art Bewerbungsschreiben von Jonathan Krohn ist. Mit der Politik hat er abgeschlossen, im Herbst wird der Fan von Satirikern wie Stephen Colbert und Jon Stewart sein Philosophie-Studium an der New York University aufnehmen.

"Ich möchte mehr schreiben und mich auch an Satire und Stand-up-Comedy versuchen. Ich möchte die Leute zum Lachen bringen", sagt er Süddeutsche.de. "Es ist doch besser, damit sein Leben zu verbringen, als gezwungen zu sein, zu jedem Thema eine Meinung haben zu müssen." Für den 17-Jährigen steht fest: "Ich will kein Ideologe sein, sondern einfach nur ich selbst."

Linktipp: Der Essay von Jonathan Krohn über die Reaktionen auf seinen Reifeprozess ist auf Salon.com nachzulesen.

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