Weihnachtsmesse im Petersdom:Frau stürzt sich auf Papst

Lesezeit: 3 min

Schrecksekunden vor der Christmette: Eine Frau stürmte auf den Papst zu, Benedikt XVI. verlor das Gleichgewicht, überstand den Vorfall aber unverletzt. Inzwischen wurden neue Details zu der Angreiferin bekannt.

Aufregung kurz vor der Weihnachtsmesse mit Papst Benedikt XVI. am Heiligen Abend in Rom: Als der Papst mit seinen Kardinälen in den Petersdom einzog, versuchte eine Frau, die Sperren zu überwinden und sich auf das katholische Kirchenoberhaupt zu stürzen. In dem Getümmel habe Benedikt das Gleichgewicht verloren und sei hingefallen, bestätigte der Vatikan.

Handgemenge im Petersdom: Die Frau gab später an, sie habe den Papst umarmen wollen. (Foto: Foto: AP)

Der 82-Jährige konnte sich mit Unterstützung jedoch rasch wieder aufrichten. Er begann dann die Christmette und bewältigte die gut zweistündige Messe problemlos. Die Frau soll einen konfusen und aufgeregten Eindruck gemacht und erklärt haben, sie habe den Papst nur umarmen wollen. Die Frau wurde von der vatikanischen Polizei festgenommen, berichteten italienische Medien.

Vermutet wird, dass die 25-Jährige seelisch gestört ist. Sie wurde am Freitag in ein Krankenhaus gebracht, teilte Papst-Sprecher Federico Lombardi mit. Die Frau habe die Schweizer und die italienische Staatsbürgerschaft, berichtete die Nachrichtenagentur Ansa.

Vor einem Jahr bereits war Papst Benedikt XVI. knapp einem Angriff entgangen: Eine psychisch labile Italienerin, die in der Schweiz wohnt, hatte versucht, nach der Mitternachtsmesse zu ihm vorzudringen. Vatikansprecher Lombardi schloss nicht aus, dass es sich bei dem gestrigen Vorfall um dieselbe Frau handelte.

Der Fernsehsender Sky News brachte später Videoaufnahmen eines Gläubigen von dem Zwischenfall. Sie zeigen, wie eine Frau mit roter Kapuzenjacke die Absperrung zum Mittelgang überspringt und auf den Papst zustürzt. Trotz der raschen Reaktion eines Sicherheitsbeamten bekommt sie den Papst zu fassen und zieht ihn zu sich.

Obwohl er mehrere Meter entfernt war, stürzte auch Kardinal Etchegaray zu Boden. Nach Angaben von Vatikansprecher Federico Lombardi zog sich der 87-Jährige bei dem Sturz einen Bruch des Oberschenkels zu. Er muss in einem Krankenhaus operiert werden, sagte Lombardi. Es gehe ihm den Umständen entsprechend gut.

Zu solchen Zwischenfällen kommt es immer wieder: 2007 etwa übersprang ein Deutscher bei einer Papstaudienz die Absperrungen auf dem Petersplatz. Er wollte das Papamobil entern. Auch er wurde von Sicherheitsleuten des Vatikans überwältigt.

Bilder vom Vorfall im Petersdom
:Wie der Papst stürzte

Die fünfte Christmette seit Beginn seines Pontifikats feierte Benedikt XVI. dann, als wäre nichts geschehen. In seiner Predigt warnte er vor dem Egoismus des Einzelnen und der Gruppen. "Der Streit in der Welt, die Unversöhnlichkeit miteinander rührt daher, dass wir eingeschlossen sind in die eigenen Interessen und Meinungen", erklärte er im dicht besetzten Petersdom. Der Mensch könne Gott ähnlich werden, aber nur, wenn er Demut und so die wahre Größe lerne. Es gehe darum, der Gewalt zu entsagen "und nur die Waffen der Wahrheit und der Liebe zu benutzen", fügte Benedikt an.

Die meisten Menschen hätten sich aber weit von Jesus Christus entfernt, beklagte der Papst. "Wir leben in Philosophien, in Geschäften und Arbeiten, die uns ganz ausfüllen und von denen aus der Weg zur Krippe weit ist", erläuterte er. In der Liste der Prioritäten stehe Gott also häufig so ziemlich an letzter Stelle. Der Weg zu Gott müsse wiederentdeckt werden, forderte Benedikt XVI. in seiner Weihnachtspredigt.

Auf dem Petersplatz vor der Basilika verfolgten Tausende Menschen die Weihnachtsmesse zur Geburt Jesu bei Regenwetter und starkem Wind auf Videoleinwänden. Zuvor wurde auf dem Petersplatz die traditionelle Krippe enthüllt.

Messe vorverlegt

Aus Rücksicht auf das Alter des Papstes wurde die traditionelle Mitternachtsmesse erstmals um zwei Stunden vorverlegt. Nach Angaben des Vatikan soll der 82-Jährige auf diese Weise während der anstrengenden Feiertage etwas mehr Ruhe und Schlaf bekommen. Sein im April 2005 im Alter von 84 Jahren verstorbener Vorgänger Johannes Paul II. hatte stets an der Tradition festgehalten, obwohl ihm die Mitternachtsmesse von Jahr zu Jahr sichtlich mehr zusetzte.

An diesem Freitagmittag spendete Benedikt XVI. auf dem Petersplatz den traditionellen apostolischen Segen Urbi et Orbi (Der Stadt und dem Erdkreis). Zugleich fügte er in 65 Sprachen Weihnachtsgrüße hinzu. Auf Deutsch sagte das Oberhaupt der Katholiken: "Die Geburt Jesu Christi, des Erlösers der Menschen, erfülle Euer Leben mit tiefer Freude und reicher Gnade; sein Friede möge in Euren Herzen wohnen. Gesegnete und frohe Weihnachten!""

Zehntausende Gläubige und Touristen aus aller Welt waren bei frühlingshaften Temperaturen zu der Zeremonie auf den Platz vor dem Petersdom gekommen.

© AFP/dpa/Reuters/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: