Verschwinden von Daniel Kaiser-Küblböck:"Ich bin der Sohn der Nation"

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  • Am Montag stellte die kanadische Küstenwache die Suche nach dem 33-jährigen Daniel Kaiser-Küblböck ein.
  • Nach Angaben des Anbieters Aida Cruises war er bei einer Kreuzfahrt von Hamburg nach New York am Sonntag vor Neufundland auf offenem Meer über Bord gegangen.
  • Den einen brachte er Spaß, die anderen machten sich über ihn lustig - diese Ambivalenz prägte seine weitere Karriere nach dem dritten Platz bei DSDS.

Von David Denk

Zusammengerechnet 80 Stunden lang haben vier Schiffe und zwei Flugzeuge die Labradorsee im Nordatlantik nach Daniel Kaiser-Küblböck abgesucht, ergebnislos. Am Montag stellte die kanadische Küstenwache die Suche nach dem 33-Jährigen ein. Nach Angaben des Anbieters Aida Cruises war er bei einer Kreuzfahrt von Hamburg nach New York am Sonntag vor Neufundland auf offenem Meer über Bord gegangen.

Die Wassertemperatur in der Region liegt bei nur etwa 10,5 Grad, weshalb die Chance, den vermissten Kaiser-Küblböck doch noch lebend zu bergen, verschwindend gering ist. "Auf ein großes Wunder" hoffen Familie und Freunde in einer am Montag auf der Internetseite des Sängers veröffentlichten Erklärung; das am Dienstag verbreitete Statement von sieben anderen Kandidaten der ersten Staffel von "Deutschland sucht den Superstar " (DSDS) klingt dagegen schon wie ein Nachruf: "Mit großer Bestürzung hat jeder einzelne von uns die traurigen Nachrichten der vergangenen Tage über Dich verfolgt! Es tut uns unendlich leid, auf diese Weise zu erfahren, welche grausame Traurigkeit Dich die letzten Monate umgeben haben muss", heißt es darin. "Was wir sehen und kennenlernen durften, war ein Mensch mit unglaublich vielen Facetten, einem riesigen unvoreingenommenen Herzen, aber auch einer sehr zerbrechlichen Seele!"

Daniel Küblböck
:Momente einer schrillen Karriere

Daniel Küblböck ist im Nordwestatlantik von einem Kreuzfahrtschiff verschwunden. So plötzlich, wie er einst berühmt wurde.

Anstoß erregte ein Instagram-Video von DSDS-Chefjuror Dieter Bohlen, in dem er seiner Fassungslosigkeit über die Geschehnisse Ausdruck verlieh und dabei eine verspiegelte Sonnenbrille trug sowie einen Kapuzenpulli mit dem Aufdruck "Be one with the ocean" (Sei eins mit dem Meer). Das sei "völlig falsch rübergekommen", entschuldigte sich Bohlen nach Protesten von Fans. "Daniel war echt ein Freund, den hab' ich total lieb gehabt." Für Küblböcks erstaunliche Karriere war Bohlen der entscheidende Faktor. Kennengelernt haben sie sich 2002 bei dem damals neuartigen RTL-Castingformat DSDS, mit dem der Kinderpfleger-Azubi aus dem niederbayerischen Eggenfelden berühmt wurde - erstaunlich war das vor allem deshalb, weil Küblböck, damals 17, mehr über seine androgyne Erscheinung und die kunterbunten Outfits wirkte als über sein überschaubares Gesangstalent. Bohlen sagte, Küblböcks Stimme erinnere ihn "positiv" an Kermit, den Frosch aus der Muppet Show: "Ich liebe dich dafür, dass du den Leuten so viel Spaß bringst."

Den einen brachte er Spaß, die anderen machten sich über ihn lustig - diese Ambivalenz prägte seine weitere Karriere nach dem dritten Platz bei DSDS. Küblböck musste im Zeitraffer erwachsen werden. 2003 erschien seine Autobiografie, da war er gerade 18 geworden. Bloß keine Zeit verlieren - Privatfernseh-Formate wie DSDS und Big Brother machen Prominenz zur verderblichen Ware. "Ich hatte das Glück, immer in den ersten Staffeln dabei zu sein", sagte Kaiser-Küblböck 2017; dann also, wenn ein neues Format noch Aufmerksamkeit erregt. Auf DSDS folgten "Dschungelcamp" (2004) und "Big Brother" (2005).

Das Verschwinden von Daniel Kaiser-Küblböck, der den Doppelnamen seit der Adoption durch eine wohlhabende Dame 2011 trägt, hat insbesondere bei Boulevardmedien alte Reflexe wiederbelebt. Die Bild-Zeitung widmete Kaiser-Küblböck gleich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen die Schlagzeile auf ihrer Titelseite und zeigte sich dabei wieder einmal wenig zimperlich. "Warum Daniel Küblböck an seinem Leben verzweifelte", lautete sie am Dienstag, dazu ein offenbar kurz vor seinem Verschwinden entstandenes Foto, das Kaiser-Küblböck in Frauenkleidern zeigt. "Ich bin der Sohn der Nation", sagte er 2014, "alle wollen wissen, was ich mach'."

Dieses Interesse war oftmals erbarmungslos und herablassend

Dieses Interesse war oftmals erbarmungslos und herablassend: Als der halbdokumentarische Spielfilm "Daniel, der Zauberer" 2004 floppte, war die Häme groß. Als er im selben Jahr ohne Führerschein am Steuer eines geliehenen Wagens mit einem Lkw kollidierte, der Gurken geladen hatte, war sie noch größer. "Für einen ehemaligen Hauptschüler, der aus schwierigen familiären Verhältnissen stammt und nicht mit einem goldenen Löffel im Mund aufgewachsen ist, hat er es weit gebracht", schrieb die Bunte 2015 über Kaiser-Küblböck, der heute "keine Ähnlichkeit mehr mit dem schlaksigen, ewig heulenden Freak" aus DSDS habe.

Kaiser-Küblböck hat in den vergangenen Jahren viel Energie darauf verwendet, nicht mehr als Produkt wahrgenommen zu werden, sondern als Macher. Die Musik bezeichnete er schon 2011 nur noch als Hobby, er absolvierte zuletzt eine private Schauspielausbildung in Berlin. Darüber hinaus versuchte er sich als Geschäftsmann zu profilieren, der bei Konzerten "Opa Küblböcks Bienenhonig" verkauft (acht Euro das Glas), und, weil er nach eigener Auskunft "ordentlich und sparsam" ist, eine Million Euro Gagengeld unter anderem in Solaranlagen gesteckt hat. "Früher war ich immer der 'Daniel, mach mal!', heute bin ich 'Herr Küblböck, würden Sie bitte?'", sagte er nicht ohne Stolz.

Wo genau die Solaranlagen sich befinden, wollte Küblböck übrigens nicht verraten: "Ein wenig Transparenz ist gut", sagte er dazu nur, "aber alles zu zeigen nicht."

© SZ vom 12.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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