Verschollene Malaysia-Airlines-Maschine:Identität mehrerer Passagiere gibt Rätsel auf

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Anzeige am Flughafen von Peking: Die vermisste Maschine von Malaysia Airlines ist rot markiert. (Foto: AFP)

Was geschah mit Flug MH 370? Noch immer fehlt von der verschollenen Boeing jede Spur. An Bord waren auch zwei Passagiere, die mit gestohlenen Pässen eingecheckt sind. Ein Terror-Hintergrund wird nicht ausgeschlossen.

Selbst Stunden nach dem Verschwinden des Flugzeugs vom Radar ist das Schicksal der 239 Menschen an Bord des Malaysia-Airlines-Fluges MH370 unklar. Schiffe hätten zwar die Region vor der Südspitze Vietnams erreicht, in der Suchflugzeuge am Samstag Ölspuren gesichtet hatten, sagte der stellvertretende vietnamesische Transportminister Pham Quy Tieu. "Die Ölspuren zu finden ist aber schwierig, weil das Gebiet so groß ist", sagte er. Am Vorabend waren bei der internationalen Suchaktion im Südchinesischen Meer zwei parallele Ölspuren entdeckt worden.

Nun wollen Aufklärer einen "ungewöhnlichen Gegenstand" im Meer treiben gesehen haben. Das teilten die vietnamesischen Such- und Rettungsbehörden mit. Malaysia habe Vietnam gebeten, schnellstmöglich ein Schiff und einen Hubschrauber in die Region zu schicken. Die Fundstelle lag nach den Angaben zufolge etwa 100 Kilometer vor der Insel Tho Chu an der Südspitze Vietnams. Dort könnte die Maschine gewesen sein, als der Funkkontakt am Samstagmorgen abbrach. Um was es sich bei dem Gegenstand im Meer handelte, war unklar.

Außerdem gab es Anzeichen auf den Radaraufzeichnungen, wonach die Maschine vor ihrem Verschwinden umgekehrt sei, berichteten Ermittler am Sonntag vor der Presse in Kuala Lumpur. Aufgrund der neuen Informationen sei das Gebiet, in dem nach der Maschine gesucht wird, auch auf die Region näher an der malaysischen Küste ausgeweitet worden, berichteten die Ermittler. Bislang konzentrierte sich die Suche auf ein Gebiet vor der vietnamesischen Grenze. An der Suche seien 22 Flugzeuge und 40 Schiffe beteiligt, hieß es.

Auch ein möglicher Terroranschlag ist eine Option, der die Ermittler nachgehen. "Wir schließen nichts aus", sagte der Vize-Chef der malaysischen Behörde für Zivilluftfahrt, Azhaddin Abdul Rahman. Der Verdacht kam auf, weil offenbar mindestens zwei Passagiere ihre Flugtickets mit gestohlenen Pässen kauften. Ein Italiener und ein Österreicher, deren Namen auf der Passagierliste standen, meldeten sich. Sie berichteten Reportern in ihren Heimatländern, dass ihnen vor ein, zwei Jahren Pässe in Thailand gestohlen worden waren. Die Identität zweier weiterer europäischer Passagiere werfe Fragen auf, sagte Malaysias Transportminister Hishammuddin Hussein. "Wir überprüfen die gesamte Passagierliste", sagte er bei einer Pressekonferenz in Kuala Lumpur.

Auswertung der Sicherheitskameras

Die Unglücksursache gibt den Ermittlern Rätsel auf. Das Flugzeug der Malaysia Airlines hatte nach bisherigen Angaben keinen Notruf abgesetzt, das Wetter in der Region war gut und der Pilot ein erfahrener Mann. Die Boeing 777-200 war am frühen Samstag in Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur in Richtung Peking gestartet. Der Funkkontakt brach nach zwei Stunden kurz vor dem vietnamesischen Luftraum ab.

Die Behörden nahmen sofort die Videos von Sicherheitskameras am Flughafen von Kuala Lumpur unter die Lupe. Die US-Bundespolizei FBI habe ihre Hilfe bei der Untersuchung angeboten, berichtete der Sender CNN. Die Los Angeles Times schreibt, die Ermittler könnten schauen, ob beim Einchecken oder Einsteigen Verdächtige des Terrornetzwerkes al-Qaida zu sehen seien. Die US-Behörden ermitteln, weil an Bord auch Amerikaner waren. Die New York Times zitiert einen Geheimdienstler mit den Worten: "Die gestohlenen Pässe sind zwar interessant, bedeuten aber nicht zwingend, dass es sich um einen Terroranschlag handelte."

Das US-Verteidigungsministerium habe Aufnahmen aus einem Überwachungsprogramm geprüft, das weltweit Lichtblitze aufzeichnet, berichtet die New York Times weiter. In der Region habe es aber zum fraglichen Zeitpunkt keine Anzeichen einer Explosion gegeben.

Ein malaysischer Sicherheitsexperte zog einen Vergleich zu dem Absturz 1988 von PanAm-Flug 103 über Lockerbie in Schottland. 261 Menschen kamen ums Leben. Die Maschine verschwand damals auch ohne Anzeichen von Problemen vom Radar. Wie sich herausstellte, explodierte eine Bombe an Bord. Malaysias Verkehrsminister warnte aber vor voreiligen Spekulationen.

Psychologische Betreuung der Angehörigen

An den Flughäfen von Kuala Lumpur und Peking wurden entsetzte Angehörige von Psychologen betreut, einige zeigten sich verärgert über die Informationspolitik der Fluggesellschaft. Obwohl das Flugzeug mit 239 Menschen an Bord gegen 02.40 Uhr Pekinger Ortszeit verschwunden sei, habe die Fluggesellschaft die Maschine erst um 7:30 Uhr als vermisst gemeldet, bemängelte auch der chinesische Luftverkehrs-Rechtsexperte Zhang Qihuai laut amtlicher Nachrichtenagentur Xinhua. Internationale Praxis sei, sofort Informationen zu veröffentlichen, wenn der Kontakt abbreche.

Malaysia Airlines will Angehörige der Vermissten von Peking nach Kuala Lumpur bringen. Bis zu fünf Verwandte pro Fluggast würden in die malaysische Hauptstadt geflogen, kündigte Ignatius Ong Ming Choy von Malaysia Airlines laut Nachrichtenagentur Xinhua am Sonntag in Peking an. Eine erste Maschine soll am Montag starten. Ein früherer Abflug sei wegen der Ausreiseformalitäten nicht möglich. Ein 93-köpfiges Team von Malaysia Airlines sei in die chinesische Hauptstadt gereist, um sich um die Familien der Passagiere zu kümmern und deren Pässe sowie Visa für die Flüge vorzubereiten.

Malaysia Airlines gilt als zuverlässige Airline. Das von einem früheren amerikanischen Flugsicherheitsanalysten gegründete Portal AirSafe.com führt seit 1970 zwei tödliche Zwischenfälle auf. 1977 seien 100 Menschen ums Leben gekommen, als eine entführte Maschine in der Nähe von Johor an der Grenze zu Singapur explodierte. 1995 sei eine Maschine bei der Landung in Tawau verunglückt. 34 der 53 Menschen an Bord kamen ums Leben.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/pauk/sks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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