Vermisste Maschine von Flug MH370:100 Tage vergebliche Suche

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Eine junge Frau vor der "Wall of Hope" für MH370 am Flughafen von Kuala Lumpur. (Foto: dpa)

Es ist einer der rätselhaftesten Fälle der Fluggeschichte. Vor 100 Tagen verschwand die Boeing von Flug MH370 vom Radar. Bis heute fehlt von ihr jede Spur. Wie es mit der Suche weitergeht.

Von Sonja Salzburger

Am 8. März, kurz nach Mitternacht, hebt die Boeing 777 von Flug MH370 der Malaysia Airlines in Kuala Lumpur ab. Die Maschine soll nach Peking fliegen, zwei Drittel der Passagiere stammen aus China. "Gute Nacht, Malaysian drei sieben null", meldet sich jemand aus dem Cockpit ordnungsgemäß ab, kurz vor dem Eintritt in den vietnamesischen Luftraum. Danach verschwindet die Maschine mit 239 Menschen an Bord vom Radar - und es herrscht für immer Funkstille.

Seitdem läuft eine Suchaktion mit Unterstützern aus der ganzen Welt. Aber auch 100 Tage nach dem Verschwinden konnte noch kein einziges Wrackteil gefunden werden.

Wo wird gesucht?

Vor kurzem hat Australien eine niederländische Firma beauftragt, den Meeresboden in einem 60.000 Quadratmeter großen Areal im Indischen Ozean zu kartographieren, in dem die verschollene Maschine vermutet wird. Im Juni wird die Firma ihre Arbeit aufnehmen, Mitte August soll dann die eigentliche Suchaktionen auf dem Meeresgrund beginnen, wie das australische Koordinationszentrum JACC mitteile, das Ende März eigens für die Suche gegründet wurde.

Am 20. März hatte der australische Premierminister Tony Abbott erklärt, auf Satellitenbildern, die etwa 2500 Kilometer südwestlich von Perth aufgenommen worden waren, seien mögliche Wrackteile von MH370 entdeckt worden. Die Suche konzentrierte sich danach auf ein 36.000 Quadratkilometer großes Gebiet in den Roaring Forties, einer Region zwischen dem 40. und 50. südlichen Breitengrad, wo unbeständiges Wetter und hoher Wellengang herrschen. Immer wieder mussten die Arbeiten, die von der australischen Stadt Perth aus koordiniert wurden, unterbrochen werden, weil Flugzeuge und Schiffe wegen schlechten Wetters nicht starten konnten. Mitte April suchte das unbemannte U-Boot Bluefin-21 erstmals den Meeresgrund nach Wrackteilen ab, doch jeder Tauchgang blieb seither erfolglos.

Wer bezahlt die Suche?

Die Suche nach Flug MH370 ist nicht nur die aufwendigste, sondern auch die teuerste Suchaktion in der Geschichte der Luftfahrt. Australien und Malaysia diskutieren noch darüber, wie die Kosten aufgeteilt werden sollen. Bisher hat jedes beteiligte Land den Einsatz seiner Schiffe und Ermittler selbst bezahlt. Die australische Regierung stellte bislang knapp 90 Millionen Australische Dollar (62 Millionen Euro) bereit, zehnmal so viel wie Malaysia. Es werde mit den Partnerländern, darunter Malaysia, weiter über "den Lastenausgleich" verhandelt, sagte JACC-Chef Angus Houston nach einem bilateralen Treffen in Canberra dem Sender ABC. Die malaysische Regierung hatte angekündigt, die Hälfte der Kosten für die Suchaktion zu übernehmen. Australiens Regierung hatte auch andere Staaten um finanzielle Unterstützung gebeten.

Wie weit sind die Ermittlungen?

Nicht nur der vermeintliche Absturzort, auch die Frage, warum MH370 nie in Peking angekommen ist, bleibt völlig offen. Der malaysische Regierungschef Najib Razak sagte kurz nach dem Verschwinden des Fliegers, die Kommunikationssysteme der Maschine seien vermutlich absichtlich abgeschaltet worden. Aber aus welchem Grund? Die malaysische Polizei hat die Lebensläufe aller Menschen an Bord geprüft und keinen Verdächtigen gefunden. Insbesondere die Piloten gerieten ins Visier: Chefpilot Zaharie Amad hatte einen Flugsimulator zu Hause, sein Kopilot Fariq Abdul Hamid ließ auf einem früheren Flug schon einmal unerlaubt Passagiere ins Cockpit. Aber bei beiden Piloten gibt es keinerlei Anhaltspunkte für böse Absichten.

Wie funktionierte die internationale Zusammenarbeit?

Mehr als 25 Länder beteiligten sich zeitweise an der Suchaktion, darunter Australien, Malaysia, China, Neuseeland, Japan, Indien und die USA. Nicht immer verlief die Kooperation zwischen den Ländern reibungslos. Am 18. März konnten zum Beispiel Flugzeuge aus Japan, den USA und Südkorea nicht starten, weil Indonesien ihnen die Überflugerlaubnis verweigerte. Besonders China erhob immer wieder schwere Vorwürfe gegen die malaysischen Behörden, warf ihnen vor, nachlässig zu sein und andere Länder nicht ausreichend über ihre eigenen Suchaktionen zu informieren. Die malaysischen Behörden hingegen beschwerten sich, dass sich einige Staaten, unter anderem China, zu viel Zeit ließen, um ihre militärischen Radaraufzeichnungen zur Verfügung zu stellen.

Wie geht es den Angehörigen?

Mittlerweile haben die ersten Versicherungen begonnen, den Angehörigen Entschädigungen zu zahlen. Doch einige der Hinterbliebenen sind skeptisch. Wen Wancheng, dessen Sohn am 8. März in Kuala Lumpur in die Boeing 777 gestiegen ist, will zunächst auf die Entschädigung verzichten. Es wäre ein Fehler, das Geld anzunehmen, bevor man wisse, was wirklich mit dem Flugzeug geschehen sei, sagte er der dpa. Wancheng hat Angst, dass dies die Einsatzkräfte dazu verleiten könnte, in ihren Bemühen nachzulassen.

Einige Angehörige scheinen den Glauben an die Behörden verloren zu haben und reden von einer Verschwörung. Auf der Crowdfunding-Website Indiegogo wollen sie fünf Millionen Dollar für Informanten und Privatdetektive sammeln.

Mit Material von dpa und AFP.

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